Das wars dann wohl mit Trails im SRF – wegen unseren Geldforderungen | Ride MTB

Das wars dann wohl mit Trails im SRF – wegen unseren Geldforderungen

Die Sendung «Keep on Riding» des Schweizer Fernsehens war eine riesige Chance für den Mountainbikesport. Wir haben es mit «normalem» Trail-Fahren in die TV-Primetime geschafft! Doch nach der Ausstrahlung zeigte sich die dreckige Fratze von uns Bikern: die gegenseitige Zerfleischung, die in einer absurden Geldforderung von «Züritrails» gipfelte. Thomas Giger erklärt in seinem Blog, warum die Zürcher Biker damit dem Mountainbikesport ein Ei gelegt haben.

In unseren Nachbarländern schielt man neidisch in die Schweiz hinüber. Während diese über den Zugang auf Forststrassen diskutieren, hat sich hierzulande der Mountainbikesport auf Singletrails etabliert. Mountainbiken ist ein grosses Ding in der Schweiz, die Sportart ist in der Gesellschaft längst angekommen, und deshalb hat sich das Schweizer Fernsehen SRF in einem neuen Format beübt: Helmkamera-Aufnahmen von unterschiedlichen Mountainbike-Routen. Für einmal keine abgesperrte Rennstrecke und keine Reportage über Nutzungskonflikte. Sondern über das, was wir Mountainbiker am liebsten tun: auf Singletrails rumfahren. SRF war mit den Gehrig-Zwillingen in Laax, mit Nino Schurter und Thomas Frischknecht in Lugano, mit meiner Wenigkeit und Franziska Gobeli auf dem Barrhorn. Und dann mit Alec Wohlgroth und Matthias Lüscher am Üetliberg in Zürich. Letzteres war im Rückblick wohl ein Fehler.
 

Nichts Neues – aber dafür eine Wiedergutmachung fordern

Die Sequenz am Üetliberg zeigte im Prinzip nichts anderes als das, was die lokalen Mountainbiker seit über zwei Jahrzehnten tagtäglich tun: Trails fahren. Und zwar nicht nur die wenigen offiziellen Routen. Es waren Routen, die ich als gebürtiger Zürcher in den Anfangsjahren des Bikesports auch bereits gefahren bin. Dass die Zürcher Stadtbehörden daran keine Freude haben, war vorauszusehen. Eigentlich alles nichts Neues. Und dass sich «Züritrails» vom Beitrag distanziert hat, war auch richtig so.
 
Doch statt das Ganze dabei zu belassen, setzte die Zürcher Trail-Lobby einen oben drauf indem sie eine Geldforderung hinterherschob: 30'000 Franken solle SRF in Form einer Spende als Wiedergutmachung bezahlen. Und zwar an die Kosten für den Bau des neuen Höckler-Trails, für den zufälligerweise gerade eine Crowdfunding-Aktion läuft. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
 

Selbstzerfleischung der Mountainbiker

Denkwürdig ist aber insbesondere das verbale Grossgeschütz, mit dem «Züritrails» in der Stellungnahme auffährt: Es ist die Rede von unfassbar, unverantwortlich, massloser Enttäuschung, Glaubwürdigkeitsverlust, unsachlicher Berichterstattung, immateriellem Schaden, es wird eine Richtigstellung und eine Wiedergutmachung gefordert. Notabene für etwas, das die Zürcher Mountainbiker seit Jahr und Tag tun. Die Stellungnahme wiederspiegelt dabei, wie wir Mountainbiker seit einiger Zeit miteinander umgehen. Ist jemand nicht gleicher Meinung, handelt er anders, sieht er die Dinge nicht gleich, dann wird er in die Pfanne gehauen. Das ist ein unschönes Phänomen von uns Mountainbikern, welches sich seit vielen Jahren in der Region Zürich ganz besonders akzentuiert. Schade eigentlich.
 
Die Stellungnahme von «Züritrails» hat die Diskussion um die TV-Sendung schliesslich derart entfacht, dass auch die Boulevard-Zeitung «Blick» das Thema aufgenommen hat und SRF schliesslich mit weichen Knie die Sendung wieder vom Netz genommen hat. Mit fatalen Folgen für uns Mountainbiker: Das Schweizer Fernsehen wird so schnell nicht wieder schöne Trail-Bilder mit Mountainbikern bringen. Das ist ein zu grosses Pulverfass. Nicht wegen Behörden, Wanderern oder Umweltverbänden, sondern wegen uns Mountainbiker. Wegen absurden Geldfordungen von Mountainbike-Vereinigungen. Dann doch lieber eine polemische Breitseite zu den aufgekochten Nutzungskonflikten, wird man sich am Leutschenbach sagen. Das gibt weniger geharnischte Reaktionen. Traurig eigentlich.
 

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