«Unsere Gäste müssen treten mögen und fahren können» | Ride MTB

«Unsere Gäste müssen treten mögen und fahren können»

Das Unterengadin, Samnaun und das Val Müstair vermarkten ihr Bike-Angebot unter dem Label #purealpinetrails. Was das für bikende Gäste bedeutet, erklärt Xaver Frieser, der den Masterplan mitgestaltet hat.

Während in vielen Alpregionen Flowtrails gebaut werden, werben das Unterengadin, das Val Müstair und Samnaun mit ruppigen Trails, wie die zu Fuss Gehenden sie im alpinen Gelände geschaffen haben. Mountainbike Guide Xaver Frieser erklärt: «Rundherum gibt es Bikeparks: Livigno, St. Moritz, Nauders sind alle innerhalb von 45 Minuten mit dem Auto erreichbar. Mit diesen Gebieten brauchen wir uns nicht zu messen. Stattdessen setzen wir auf das alpine Biken.»
 
Dann räumt der seit vielen Jahren im Engadin wohnhafte Bayer mit einem verbreiteten Begriff auf: «Naturtrails. Was soll das sein? Die Natur schafft keine Trails. Aber es gibt alte Wanderwege. Die meinen wir mit #purealpinetrails.» Dabei spricht er den Begriff deutsch aus, was den Charakter noch klarer hervorhebt.
 
Trotzdem sind auch in der Region ganz im Osten der Schweiz Shaper am Werk. «Wir haben viele Rohdiamanten, die wir schleifen, damit Fahrfluss entsteht», erklärt Xaver. Er gehört zur «Trailuniun», die den Mountainbike Masterplan für die drei gemeinsam auftretenden Regionen erarbeitet hat. Zudem arbeitet sie in der Realisierung mit Trailworks und Velosolutions zusammen.
 
Es gehe darum, «Pedal Catchers» und andere Verblockungen zu beseitigen, zu steile Stellen zu entschärfen, an unübersichtlichen Stellen das Tempo der Biker zu reduzieren, führt Xaver aus. Koexistenz ist alles, kein einziger Trail wird für die Biker gebaut, überall sind auch Wanderer, Jägerinnen oder auch mal Kühe unterwegs.

Viele kleine Baustellen, statt eine grosse

Charakteristisch ist auch: «Wir bauen keine ganzen Linien, sondern arbeiten Hotspots ab. Vom Guiden und unterrichten wie auch vom privaten Biken her, weiss ich, wo die Löcher und Pfützen und auch die Gefahrenstellen sind. Die beheben wir nach und nach.» Wanderwegunterhalt und Trail-Pflege fliessen zusammen, damit wächst auch das gegenseitige Verständnis.
 
Auch im relativ bikefreundlichen Bündnerland geht das nicht ohne Diskussionen zwischen den verschiedenen Nutzergruppen. «Der Ton, in dem wir miteinander sprechen ist gepflegt und wertschätzend», beschreibt Xaver. Im kommenden Jahr werde die Trailuniun einen Trail zurückbauen, der durch ein zu feuchtes Gebiet führt und deshalb zu viel Schaden anrichtet. «Eine neue Linie ist ein extrem aufwändiger Prozess, es braucht viele Gespräche, bis alle einverstanden ist.»
 
Er verstehe die Landwirte, betont Xaver. Seit Jahrhunderten sömmern sie ihre Kühe auf den Alpen und immer wieder kommen neue Gruppen, denen sie etwas hergeben müssen. «Anderseits verursachen Kühe definitiv mehr Schäden an Wegen als Mountainbiker, das sehe ich Sommer für Sommer», bezieht er Stellung.
 
Die Umsetzung des Masterplans ist auf sieben Jahre angedacht. Geplant sind auch ein paar grössere Brocken, neben den vielen kleinen Optimierungen. In touristischer Hinsicht sei es zuerst darum gegangen, Die Region Unterengadin, Val Müstair und Samnaun als Bike-Gebiet bekannt zu machen. «Im zweiten Schritt haben wir uns ein Gesicht gegeben – das der puren, alpinen Trails.» Nun arbeite die Trailuniun daran, das Angebot zu optimieren.
 
Dazu gehört das Trailcenter Ftan, eine Art konzentriertes Übungsgelände für die alpinen Trails. Dessen Wege sind, im Unterschied zum offenen Gelände, neu gebaut. Sie fordern die Bikenden nicht nur abwärts, sondern auch aufwärts mit einem bis zu 12 Prozent steilen Uphill. Ein weiteres wichtiges Element sind die Verbindungen zwischen den verschiedenen Tälern. Teilweise bestehen sie bereits, ein Fernziel ist eine solche zwischen dem Engadin und dem Münstertal. «Wir bauen die Routen aus, die sowieso schon gefahren werden», fasst Xaver zusammen. Die Trailuniun verpasst ihnen dann den letzten Schliff.

Für Mountainbikende, die mitdenken

Zuletzt darf Xaver dann noch ein wenig Werbung für die besten Touren und Trails seiner Heimat machen: «Die Fuorcla Champatsch ist sehr zu empfehlen. Man kriegt mit der Bahn 1000 Höhenmeter geschenkt und mit 600 bis 700 Höhenmetern aus eigener Kraft erhält man ein absolut hochaplines Erlebnis und eine verdammt lange, technisch anspruchsvolle Abfahrt über das Val Laver, das Val Sinestra und Sent zurück nach Scuol.» Als Einstieg ins Bike-Bergsteigen empfiehlt der Guide den Piz Clünas. «Der Gipfel ist ebenfalls dank Bahnunterstützung relativ einfach zu erreichen, danach fährt man grösstenteils auf Singletrailas von 2800 auf 1200 Meter hinunter.»
 
«Unsere Gäste müssen treten mögen und fahren können» betont Xaver, wobei diese Aussagen mit der schweizerdeutschen Bedeutung des Verbs «mögen» zu verstehen ist. Und noch etwas gibt er künftigen Gästen auf den Weg: «Biker mit einer reinen Konsumhaltung sind bei uns fehl am Platz. Wir erwarten, dass sie Rücksicht auf die Trails und auf die anderen Wegbenutzer nehmen. Ein Mountainbiker, wie ich ihn sehe, ist auch ein Naturschützer.»

www.engadin.com/de/trailuniun

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