Gehen der Schweiz die Velos wirklich aus? Wie stark steigen die Preise? | Ride MTB

Gehen der Schweiz die Velos wirklich aus? Wie stark steigen die Preise?

Wie ernst ist die Lage bei der Verfügbarkeit von Velos? Andreas Kessler, CEO von Flyer, gibt einen Einblick, wie in Zeiten von Corona E-Bikes in der Schweiz gebaut werden können.

Zu Beginn der Fahrradsaison in einem regulären Frühjahr ist diese Situation üblich: Die Fahrradhändler haben die im vorausgegangen Sommer oder Herbst vorbestellten Bikes vorrätig im Shop. Die Hersteller haben ordentlich gefüllte Lager, damit die Bikeshops im Verlauf der Saison Fahrräder nachbestellen können. Im März 2021 unterscheidet sich die Lage vom Normalzustand und die Situation ist angespannt: Zahlreiche Fahrradhersteller sind für das Modelljahr 2021 bereits ausverkauft. Die Bikeshops haben zwar für die Saison 2021 frühzeitig allermeist sehr umfangreich Fahrräder vorbestellt , aber diese noch nicht oder in reduzierter Anzahl erhalten. Und die Corona-Krise beflügelt weiterhin den Absatz des auch ohne Pandemie bereits gefragten Fahrrads und E-Bikes. Insgesamt herrscht auf dem Fahrradmarkt derzeit eine Dysbalance zwischen Angebot und Nachfrage.

Andreas Kessler, seit 2016 CEO des Schweizer E-Bike-Pioniers Flyer, zeigt, wie schwierig es ist, die Situation des Ausverkauft-Seins zu ändern: «Eine Nachbestellung ist zwar möglich, aber bei Beschaffungszeiten für gewisse Komponenten von über einem Jahr, trifft die Ware schlichtweg nicht mehr rechtzeitig für die laufende Saison ein. Beschaffungszeiten von über einem Jahr sind heute an der Tagesordnung und für gewisse Komponenten wie Schaltungen und Federgabeln sprechen wir von Beschaffungszeiten von bis zu 18 Monaten. Im Vergleich dazu lag die Beschaffungszeit für diese zwei Komponenten vor einem Jahr noch bei rund 6 Monaten. Auch die Rahmen sind betroffen. Vor der Coronakrise hatten wir hier eine Beschaffungszeit von rund 8 Monaten, heute stehen wir bei 15 bis 16 Monaten.»

Höhere Fahrradpreise wegen steigenden Logistikkosten

Für seinen Betrieb gibt Kessler indes ein Stück weit Entwarnung: «Aufgrund unserer sehr umsichtigen und professionellen Einkaufs- und Auftragslogistik haben wir die Situation recht gut im Griff. Wir haben für die Saison 2021 vorausschauend bei unseren Lieferanten eingekauft. Wir gehen aber davon aus, dass sich die Lage bei den Lieferanten in nächster Zeit noch nicht entschärfen wird.»

Beim Preis für ein Fahrrad schlagen die steigenden Logistikkosten zu Buche: «Die Corona-Pandemie hat auch weitreichende Auswirkungen auf die weltweite Logistik. Flyer ist – wie die gesamte Fahrradbranche – massiv davon betroffen. Seit Wochen ergeben sich bei der Fracht aus Asien Kapazitätsengpässe und damit einhergehend steigende Frachtraten. Die Lage hat sich auf Ende Dezember 2020 zugespitzt. Die Preise für Containerfrachten sind heute etwa 4 bis 5 mal so hoch wie noch vor einigen Monaten. Viele unserer Lieferanten bitten uns zur Kasse und verlangen hohe Transportkostenaufschläge ihrerseits. Wir sind bei Flyer gezwungen, diese zu bezahlen, weil wir sonst die wichtige Ware nicht erhalten», so der Flyer-CEO.

Wie zahlreiche weitere Fahrradhersteller hat Flyer mit Preisänderungen reagiert und zum 1. Januar 2021 die unverbindlichen Preisempfehlung um CHF 100 pro Modell erhöht. «Die Preise wurden bei Flyer aufgrund der Transportkosten erhöht und wir rechnen auch für das Modelljahr 2022 mit weiteren Preissteigerungen», schildert der 56-Jährige die Situation.

Aktuell ausreichend Material

«Unsere Montage arbeitet unter strenger Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und zum Teil in versetzter Schicht, um der erhöhten Nachfrage nachzukommen und die erfreulichen Bestellungen von Seiten des Fachhandels pünktlich ausliefern zu können. Unsere Beschaffung steht im engen und kontinuierlichen Austausch mit unseren langjährigen Lieferanten, die wir aufgrund der Pandemie zurzeit nicht besuchen können. Aktuell verfügen wir über ausreichend Material», schildert Kessler die Situation in der Produktion und in der Beschaffung.

Bei Flyer gibt man sich auch bei schwierigen Rahmenbedingungen optimistisch: «Wir blicken trotz der Corona-Pandemie zuversichtlich in die Zukunft. Die Nachfrage nach E-Bikes ist weiter im Wachstum. Das E-Bike ist ein zukunftsorientiertes und nachhaltiges Transportmittel, das hat auch die aktuelle Krise gezeigt. Wir stellen uns weiter auf Wachstum ein und investieren weiter in den Standort Huttwil mit einer zusätzlichen Fliessfertigung», sagt Kessler.