Die SVP will das Velonümmerli zurück | Ride MTB

Die SVP will das Velonümmerli zurück

Der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner will, dass sich die Velofahrer an den Kosten beteiligen, die ihre Infrastruktur verursacht. Er denkt an eine Registrierungsmarke, ähnlich der Autobahn-Vignette. Der Vorstoss weckt Erinnerungen an die 2012 abgeschaffte Velo-Vignette und deren Vorgänger, das «Velonümmerli».

Am Letzten Tag der Frühlingssession der eidgenössischen Räte jubelte die Velo-Lobby. National- und Ständerat hatten das Veloweggesetz angenommen. Einen Tag davor hatte der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner eine Motion eingereicht, die in der Velogemeinde weniger Begeisterung auslösen dürfte: «Der Bundesrat wird beauftragt, die rechtliche Grundlage zu schaffen, damit die Nutzer die Kosten für die Infrastrukturkosten für den Veloverkehr möglichst selbst tragen.»

Velowege nützten in erster Linie den Velofahrern, zudem belasteten diese die Allgemeinheit auch noch mit Unfallkosten, die in den letzten Jahren stark angestiegen seien, so die Argumentation. Mitunterzeichnet haben die Motion neben 39 Mitgliedern der SVP-Fraktion auch eine Handvoll FDP-Nationalräte und ein Verreter der Mitte-Partei. Auf Nachfrage der Sonntagszeitung (zahlungspflichtiger Artikel) meinte Motionär Giezendanner, er halte einen Beitrag von 20 Franken pro Velo und Jahr für angemessen. Da dürften nun auch Mountainbikende hellhörig werden, ganz besonders jene, die mit verschiedenen Velos unterwegs sind und erst recht, wenn sie Bike-begeisterte Kinder haben.
 
Künftig sollen Fahrräder eine Identifikationsmarke ähnlich der Autobahn-Vignette tragen. Das ruft Erinnerungen wach an die 2012 abgeschaffte Velo-Vignette und ihre Vorgängerin, jene Alu-Plakette, die die Älteren unter uns als Velonümmerli kennen. Jeweils im Spätfrühling wurde es ungemütlich, die neue Nummer musste spätestens am 1. Juni angeschraubt, beziehungsweise aufgeklebt sein. 40 Franken kostete das Fahren ohne Nummer, wenn man von einem pflichtbewussten Polizeibeamten dabei erwischt wurde. Die 10 Franken Jahresgebühr flossen aber nicht in die Infrastruktur, sondern waren eine Haftpflicht-Versicherungsprämie.

Wer kostet die Allgemeinheit wie viel?

Zurück in die Gegenwart, respektive Zukunft: Benjamin Giezendanner, Sohn von Alt-Nationalrat Ulrich Giezendanner, ist der Ansicht, dass mit der obligatorischen Kostenbeteiligung Velofahrende gleich behandelt würden wie «Autofahrer, Töfffahrer und Zugreisende». Wer mit dem Veloweggesetz zusätzliche Rechte bekomme, müsse auch zusätzliche Pflichten auf sich nehmen, sprich zahlen. Sonntagszeitungsredaktor Mischa Aebi stellte den Kostendeckungsgrad der Auto- und der Velofahrenden einander gegenüber. Tatsächlich decken die Automobilisten über Treibstoffsteuern und weitere Abgaben den direkten finanziellen Aufwand des Autoverkehrs vollständig. Velofahrende bezahlen, abgesehen von nicht zweckgebundenen Steuern: nichts.
 
Bezieht man jedeoch die externen Kosten bei wie Umweltverschmutzung, Gebäudeschäden durch Abgase und nicht durch Versicherungen gedeckte Unfallkosten, sieht die Rechnung gemäss Sonntagszeitung anders aus. Bundeshaus-Redaktor Aebi kommt im Referenzjahr 2015 – dem letzten, für das alle Zahlen vorliegen – auf 14 Prozent des Gesamtaufwands des Autoverkehrs, die dieser der Allgemeinheit aufbürdet. Diese Deckungslücke beträgt mehr als das Dreifache der 2 Milliarden Franken, welche die Velofahrenden gemäss Giezendanners Schätzung jährlich kosten und nicht selber bezahlen.

Sich an den Kosten einer Sache zu beteiligen, von der man profitiert, klingt vernünftig. Ob die vielen Autofahrer, die auch ab und zu auf einem Velo unterwegs sind, dafür noch zusätzlich in die Tasche greifen wollen, steht auf einem anderen Blatt. In einer der nächsten Sessionen muss nun der Nationalrat entscheiden, ob er die Motion Giezendanner an den Bundesrat überweist. Tut er das, muss die Regierung einen entsprechenden Gesetzesentwurf ausarbeiten. National- und Ständerat beraten diesen und entscheiden ob und in welcher Form sie ihn in Kraft setzen – oder anders gesagt, ob wir dereinst wieder ein Velonümmerli für unser Bike lösen müssen.