Enduro bringt neuen Schwung in den Bikesport | Ride MTB

Enduro bringt neuen Schwung in den Bikesport

Mountainbike Enduro-Rennen finden immer mehr Beliebtheit in der Mountainbike-Szene. Immer mehr Fahrer aus dem Downhill und dem Cross-Country-Lager wechseln in den Enduro-Sport. Ähnlich wie vor nicht so langer Zeit viele Cross-Country-Athleten auf Marathon umgestiegen sind. Cross-Country und Downhill ist zwar spektakulär und gut anzusehen aber bereits zu extrem als dass sie zum selber fahren Breitensporttauglich sind. Grund genug diese Disziplin zu durchleuchten um herauszufinden wie Enduro-Rennen ablaufen und was hinter dem Trend steckt.

Ein Enduro-Rennen läuft meistens folgendermassen ab. Gestartet wird einzeln oder in kleinen Gruppen nach Startzeit. Jeder Teilnehmer muss vom Start in einer Karenzzeit zum Start der ersten Abfahrts-Etappe (Stage) gelangen. Je nachdem mit oder ohne Bergbahn. Die Rennen sind aber so ausgelegt dass die Teilnehmer den grössten Teil aus eigener Muskelkraft bewältigen müssen. Die sogenannte «Stage», welche vorwiegend abwärts führt, wird dann gegen die Uhr gefahren. Reicht dem Teilnehmer aber die Karenzzeit für den Aufstieg nicht, wird ihm die Zeit die er zu spät kommt an seine «Stage-Zeit» angerechnet. Bei den meisten Enduro-Rennen hat man vier bis fünf «Stages» zu absolvieren. Am Ende werden die Fahrzeiten aller Stages addiert und so der Gewinner ermittelt.

Der Reiz daran ist dass man bergauf nicht ein Rennen fahren muss und man bergab vielmehr und vielseitiger zum fahren kommt als zum Beispiel an einem Downhill-Rennen. Ausserdem entwickelt sich nicht selten ein Gemeinschaftsgefühl in den Aufstiegen.

«Mir gefällt der Mix aus physischen und technischen Fähigkeiten. Den Sport in der Natur zu erleben, instinktives Fahren bei voller Geschwindigkeit und die gute Atmosphäre an den Rennen, trotzdem das Niveau sehr hoch ist.» Florian Golay

Die Disziplin Enduro hat ihren Ursprung in Frankreich. Im Jahr 2002 wurde das erste Enduro-Rennen, das «Tribe 10000», wie man es heute kennt veranstaltet. Dieses Rennen existiert heute noch. Der Gedanke bei der Disziplin Enduro geht auf das eigentliche Mountainbiken zurück. Aus eigener Kraft zum Start hochfahren und sich dann in die Abfahrt stürzen. Heute läuft ein Enduro-Rennen meistens nach dem gleichen Schema ab. Man startet einzeln im Tal und hat eine gewisse Zeit zur Verfügung um zum Start der ersten Etappe, bzw. zu der ersten Abfahrt zu gelangen. Zur vorgegebenen Startzeit stürzt man sich in Downhill-Manier die Abfahrt runter auch gegen die Uhr aber meist weniger extrem und oft ein paar Minuten länger als in einem üblichen Downhill-Rennen. Bei den meisten Enduro-Rennen haben die Fahrer rund vier bis fünf solcher Etappen zu bewältigen. Am Schluss werden alle Fahrzeiten addiert und so der schnellste Fahrer ermittelt. Dadurch dass man mehr zum fahren kommt und oft viel mehr natürliche Trails als gebaute Strecken zu absolvieren sind, wechseln immer mehr Fahrer vom Downhill und auch von Cross-Country Rennsport zum Enduro.

In die gleiche Sparte aber in einem anderen Format sind die Downhill-Marathons wie das berühmte Megavalanche in Alpe d’Huez (FRA) oder das Bike-Attack welches in der Lenzerheide stattfindet. Anders als beim Enduro-Format startet man bei den Downhill-Marathons in der Masse. Bei diesen Rennen wird eine lange Abfahrt um die 45 Minuten bewältigt. Die Charakteristik der Strecken ist aber ähnlich wie beim Enduro, weshalb diese auch meist mit Enduro-Bikes gefahren werden.

Viele bekannte oder auch ehemalige Spitzen-Downhillfahrer sind bereits zum Enduro konvertiert. Die erfolgreichsten Downhillfahrer aller Zeiten Anne-Caroline Chausson und Nicolas Vouilloz aus Frankreich sind regelmässig unter den Enduro-Teilnehmern und auch praktisch immer vorne auf den Ranglisten zu finden. Ebenfalls aus dem Downhill-Lager kommen Dan Atherthon und Tracy Moseley aus England. Beide setzen ihren Fokus nun voll auf Enduro. Die meisten Enduristen haben ihren sportlichen Ursprung im Downhill oder im Cross-Country. Selbst Rémy Absalon (Bruder von Julien Absalon), der als reiner Enduro-Fahrer bekannt ist, war zuvor ein starker Cross-County-Fahrer.

«Es ist super dass auf diese Saison die «Enduro Word Series» auf die Beine gestellt wurden. Das wird den einzelnen Rennen einen höheren Stellenwert geben und dadurch den Enduro-Sport weiter vorantreiben.» Ralph Näf

Anfänglich ist man bei Enduro-Rennen mit Downhill- oder Freeridebikes gefahren. Mittlerweile hat auch die Mountainbike-Branche das Potential des Enduro-Sports erkannt und dementsprechend reagiert. Zurzeit wird die meiste Entwicklungsarbeit im All-Mountain und Enduro-Bereich umgesetzt. Enduro-Bikes sind meistens mit rund 160 Millimeter Federweg vorne und hinten ausgestattet. Es zeichnet sich durch eine ausgewogene Geometrie aus, die ein angenehmes Bergauffahren gewährleistet aber in den Abfahrten den Vorzügen eines Downhillbikes schon sehr nahe kommt. Das Gewicht der heutigen Enduro-Bikes bewegt sich teilweise schon in den Bereichen der früheren Cross-Country-Fullys und haben nichts mehr mit schweren und trägen Freeride-Bikes zu tun. Kauft man ein Bike im Laden wird es meist mit 2.3 Zoll breiten All Mountain-Reifen ausgeliefert. In Rennsport sieht die Realität aber anders aus. Dort fahren die meisten Athleten mit Downhillreifen. Diese weisen sich durch mehr Pannensicherheit und bessere Bodenhaftung aus. In der Regel werden für Enduro-Bikes Federgabeln und Sattelstützen verwendet die absenkbar sind. Dies erleichtert das Bergauf- bzw. das Bergabfahren.

Der Enduro-Trend ist im Rennsport und in der Branche stetig am wachsen und es scheint momentan nicht danach dass dieser Trend plötzlich abreist. Rennserien in diesem «neuen» Format schiessen wie Pilze aus dem Boden und bieten den Rennfahrern bereits die Möglichkeit von Frühling bis Herbst Rennen zu bestreiten. Allerdings existieren schon die gleichen Probleme wie im Downhill und Cross-Country, die Terminkollisionen.

Bei der rasanten Entwicklung dieses Sports lag es auf der Hand dass ein Enduro-Weltcup her musste. Chris Ball der ehemalige Gravity-Verantwortliche der UCI hatte schon alles zurechtgelegt, als die UCI einen Rückzieher machte. Scheinbar wurde das Potential des Enduro-Sports von Weltverband UCI wahr- aber nicht ernst genommen. So gab Chris Ball sein Amt frei und gründete die «Enduro Mountainbike Association» von der kurz darauf die «Enduro World Series» ins Leben gerufen wurde. Diese Rennserie verbindet die grössten Enduro-Veranstaltungen der Welt und wird aus den besten Rennen der Super-Enduro Series, dem Coupe de France, dem Crankworx-Festival und weiteren grossen Enduro-Veranstaltungen bestehen. Die «Enduro World Series» umfasst sieben Tour-Stopps. Mit dem Ziel eine nachhaltige Event-Reihe für Fahrer, Teams und Mountainbike-Industrie aufzubauen.

«Ich freue mich dass es eine Welt-Serie gibt, es motiviert mich voll! Ich finde es aber ein bisschen schade dass die UCI nicht involviert ist. Es macht keinen Unterschied für die Organisation aber ich denke es hätte der Disziplin mehr Ansehen gegeben.» Lorraine Truong

Auch kleinere Serien sind am aufrüsten. So z.B. die Specialized-Sram Enduro Series. Sie stocken von vier auf sieben Rennen auf. Der Finallauf dieser Serie wird in der Schweiz, genauer in Flims ausgetragen. In der Vergangenheit hat es in der Schweiz vereinzelt Enduro-Veranstaltungen gegeben aber es wird in dieser Form und Grösse die erste Austragung im Lande sein. Vorreiter der Schweizer Enduro-Rennen ist der «Trailfox» der ebenfalls in Flims stattfindet.
 

Die wichtigsten Rennserien im Überblick

  • Enduro World Series; die weltweite Rennserie die sieben Rennen in Europa und Übersee umfasst. Somit werden zum ersten Mal in der Geschichte des Enduro-Rennsports die besten Enduro-Fahrer der Welt aufeinandertreffen.
  • Superenduro by Sram; die beliebte italienische Rennserie die sich mit ihrem interessanten Rennprogramm und den schönen Strecken einen Namen gemacht hat.
  • Specialized/Sram Enduro Series; die Rennserie die letztes Jahr ihre Premiere feierte, stellt in diesem Jahr mit sieben Rennen in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz ein äusserst attraktives Rennprogramm.
  • Bluegrass Enduro Tour; gleich zwei Serien werden unter diesem Namen geführt. Die Bluegrass Classique und die Bluegrass International Tour. Während die «Classique» sich den ostfranzösischen Raum beschränkt finden die Rennen der «International»-Tour in Frankreich, Irland und England statt.
  • Trans Provence; ein äusserst hartes Enduro-Etappenrennen durch das schöne Gebiet der Provence. Sechs Tage und über 20 Stages verlangen den Fahrern alles ab. Die Startplätze für die Trans Provence welche Ende September startet, sind bereits seit längerem Ausverkauft.

 

Gesichter der Schweizer Enduro-Szene

Ralph Näf, 32, Bike: BMC Trailfox TF01
Team/Sponsoren: BMC-Mountainbike-Racing Team
1. Weltmeisterschaften Eliminator Saalfelden (AUT)
2. Specialized-Enduro-Series Kirchberg (AUT)
www.ralphnaef.ch

René Wildhaber, 36, Bike: Trek Remedy
Team/Sponsoren: Trek, Red Bull
6x1. Megavalanche Alpe d’Huez (FRA)
7x1. Trek Bike Attack (SUI)
Statement zu den Enduro World Series
«Ich bin sehr gespannt wie sich die Enduro-World-Serie entwickeln wird und ob sich weltweit ein Rennmodus durchsetzen wird. Ich hoffe auf interessante Strecken, verlässliche Zeitmessungen, klare Regeln und eine angenehme Atmosphäre an den Events.»
www.renewildhaber.ch

Lorraine Truong, 22, Bike: Norco «Range Killer B» in xs
Team/Sponsoren: Norco World Enduro Team
1. Enduro des Portes du Mercantour (FRA)
1. XC-Schweizermeisterschaften U23-Damen Plaffeien
http://www.norco.com

Carolin und Anita Gehrig, 25, Bike: Specialized Enduro
Team/Sponsoren: Specialized Twins Racing/Zimtstern, Mavic, POC, Oakley, Sram
Statement zu den Enduro World Series von Carolin:
«Bisher waren die meisten Enduro-Fahrer nur bei einzelnen Rennserien am Start aber selten waren alle vereint. Mit der «Enduro World Series» ist der internationale Vergleich garantiert.»

An Enduro gefällt mir... Anita: «Mir gefällt die spontane Fahrweise, die diese Rennen verlangen und das man unterschiedliche Strecken in einem Rennen fahren kann. Die schönen Abfahrten müssen mit dem Uphill erst verdient werden, die Zufriedenheit danach ist dafür aber umso grösser!»
www.twinsmtbracing.com

Gusti Wildhaber, 24, Bike: Cube «Stereo Super HPC»
Team/Sponsoren: Cube Action Team
1. King of Plose, Brixen 2012
1. Specialized-Enduro Ride, Riva 2012
An Enduro gefällt mir...
«Enduro ist die Mitte von Downhill und Cross-Country. Ich hoffe nur dass der physische Aspekt an den Rennen von den Veranstaltern nicht vernachlässigt wird.»
www.cube.eu

Lukas Anrig, 27, Bikeshop-Besitzer, Bike: Norco «Range Killer B»
Team/Sponsor: Norco World Enduro Team
3. Specialized-Enduro-Series Winterberg (GER) 2012
1. Maxiavalanche Flims 2011
An Enduro gefällt mir...
«Enduro ist eine Kombination von Cross-Country und Downhill. Ich habe somit auch die Möglichkeit in verschiedenen Disziplinen zu trainieren, was das Training abwechslungsreich macht.»
Welchen Stellenwert hat Enduro bei Dir im Shop?
«Wir verkaufen Mountainbikes mit 130-160mm Federweg sehr gut. Viele Kunden die früher ein Hardtail gefahren sind geniessen heute die Vorzüge dieser Bikes. Mit einem Enduro-Bike hat man in unserer Region um Sargans auch das perfekte Enduro-Gelände.»
www.lukasanrig.ch

Florian Golay, 35, Bike: BMC «Trailfox 01» und BMC «Fourstroke 01 29“»
Team/Sponsoren: BMC- Mountainbike-Racing Team
5. Transprovence 2012 (FRA)
3. Transvesubienne 2011 (FRA)
www.bmc-mountainbike-racing-team.com

Ludovic «Ludo» May
Team/Sponsoren: Norco World Enduro Team
1. Gesamtrang iXS Swiss Downhill-Cup 2012
6. Megavalanche Alpe d’Huez 2010
www.ludomay.ch

Hallo Ludovic, stell dich kurz vor.
«Ich heisse Ludo May, bin 23 Jahre alt und wohne in Villette, in der Nähe von Verbier. Ich bin aufgeschlossen, liebe das Leben, bin von Zeit zu Zeit ein wenig stur, ich lache gerne und ich liebe es meine Zeit mit meinen Freunden oder auf meinem Bike zu verbringen.»

Was magst Du am Enduro-Sport?
«Bei Enduro-Rennen gefällt es mir, oft Strecken zu fahren die ich nicht so gut kenne. Der Austausch mit Freunden während des Wettkampfs oder sonst bei Enduro-Ausfahrten ist für mich oft intensiver als im Downhill-Sport.»

Welches Bike fährst Du?
«In der vergangenen Saison bin ich ein Norco «Range» mit 26 Zoll Laufrädern gefahren. Ich mochte dieses Bike. In dieser Saison fahre ich das «Range Killer B» mit den 27.5 Zoll Laufrädern. Vom Vergleichstest war ich positiv überrascht wie gut das Bike rollt. Ich kann es deshalb kaum erwarten bis die Rennsaison beginnt.»

Du kommst aus dem Downhill-Sport. Warum fährst Du in der kommenden Saison hauptsächlich Enduro?
«Nachdem ich bereits für Norco gefahren bin, bekam ich die Möglichkeit für das «Norco World Enduro Team» zu fahren. Ich bin schon immer einzelne Enduro-Rennen gefahren aber mit dem Fokus auf die Downhill-Rennen. Nun wende ich das Blatt. Ich fokussiere mich auf die Enduro-Rennen und fahre nur noch vereinzelt Downhill.»

Welche Ziele hast Du?
«Ich will in den Rennen stetig schneller werden, möchte dabei aber die Leidenschaft für das Mountainbiken nicht verlieren.»