Blog: Könnt ihr keine Kurven fahren, oder warum kürzt ihr ständig ab? | Ride MTB

Blog: Könnt ihr keine Kurven fahren, oder warum kürzt ihr ständig ab?

Abkürzen ist ein Thema, dass einigen Mountainbike-Kollegen und auch mir schon länger unter den Nägeln brennt. Nennt mich einen Moralapostel, wenn Ihr wollt. Aber ich sage euch in den nächsten Zeilen wieso ihr nicht abkürzen solltet.

Der Rennsport pusht die Mountainbike-Hersteller, immer besseres Material zu bringen, das grobe Trails glättet und uns noch weiter nach oben bringt, wo keine Bergbahnen fahren. Toll! Doch verleitet gutes Material zum schnelleren Fahren, ohne dass eine ausgereifte Fahrtechnik vorhanden ist – oh shit!! Und schon habe ich die zwei eng aufeinanderfolgenden Spitzkehren verpasst und kurzerhand abgekürzt. Das Bike lässt es zum Glück zu, ohne dass ich selbst zu Schaden komme. Das sollte gerade auf Wanderwegen nicht geschehen. Obwohl ich behaupten darf, dass ich mein Bike sehr gut beherrsche – es ist mir auch schon passiert.

In den letzten Jahren sind mir jedoch vermehrt Abkürzungslinien aufgefallen – und zwar dort, wo sie nicht wegen zu schnellen Fahrens zu «entschuldigen» sind. Man kürzt einfach radikal ab, weil die darauffolgende Spitzkehre oder Passage etwas eng, zu verblockt und deshalb nicht so einfach zu meistern ist. Anderorts wird der natürliche Wegverlauf grosszügig abgekürzt. Na klar, das spart Zeit und wer braucht schon Kurven. Ganz ehrlich, ich frage mich schon, was hier genau abgeht. Immer bessere Bikes, die in Kombination mit immer besseren Reifen mehr Grip versprechen, und wir kürzen ab? Könnt ihr nicht mehr Kurven fahren? Oder jagt ihr auf Strava eine Bestzeit? Ich erinnere mich an einen Werbe-Slogan eines Autoreifenherstellers: «Fun is not a straight Line», und genauso ist es doch auch beim Mountainbiken – Kurven sind die Essenz, die die Trail-Fahrt spannend macht und Flow bringt – egal, ob die Kurven weit oder eng sind!

Die Abkürzerei ist für mich und für viele meiner bikenden Kollegen auch aus einem anderen Grund schlecht nachvollziehbar: Sie bringt erhebliche Flurschäden mit sich. Flurschäden, die nicht nur hässlich ausschauen, sondern für Befürworter von Bike-Verboten gar ein Steilpass sind, der glücklicherweise hierzulande kaum angenommen wird. Um zu erkennen, dass die sogenannten «Cut Lines» nicht gerade gut aussehen, dafür muss man nicht mal ein Naturliebhaber sein. Kürzen wir weiterhin munter ab oder fahren sonst aus Gründen der Bequemlichkeit neben der Spur, zerstören wir nicht nur das Landschaftsbild, wir zerstören auch des Singletrailbikers «Lebensraum».

Das Rezept gegen das Abkürzen ist simpel: Auf Wanderwegen erstmal Strava abschalten, etwas Tempo rausnehmen und das Kurvenfahren und Rumzirkeln neu entdecken. Wer es beherrscht, erfährt dann auch in schwierigem Gelände reichlich Flow, und das ganze ohne Abzukürzen. Zudem, je kontrollierter die Fahrweise, desto sicherer fühlen sich die Wanderer, die sogar mal applaudieren – kein Witz, das habe ich schon mehrfach erlebt. Also, lasst euch nicht vom Abkürzen verleiten. Wer die Kurven ausfährt, hat sowieso mehr von der Abfahrt.


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