Rundschau: Mountainbiker sind die Bösen. Wirklich? | Ride MTB

Rundschau: Mountainbiker sind die Bösen. Wirklich?

Mountainbiken und Wandern nebeneinander: Das geht nicht oder nur schlecht gemäss einem Bericht der Rundschau. Zu Wort kommen Gemeindepräsidenten, Tourismusdirektoren, Umweltschützer und der Herausgeber des Ride Magazins. Der Bericht macht den Anschein, als hätte die Rundschau zu Ungunsten der Mountainbiker das Sommerloch gefüllt.

Dichtestress und Invasion durch Mountainbiker?

Die Rundschau blickt mit einem etwas tendenziösen, zehnminütigen Bericht auf die Entwicklung, wie Mountainbiker ins Habitat der Wanderer einfahren. Von «Dichtestress auf Wanderwegen» wegen Mountainbike-Boom oder einer «Invasion der Biker» ist gar reisserisch die Rede. Als Einstieg brandmarkt ein Wildhüter und ein Gemeindepräsident die Abfahrt des Ride-Herausgebers Thomas Giger über einen Grat als risikoreiches, schon fast lebensmüdes Wagnis. Giger hält dagegen und bezeichnet sich als Natur-Fan. Er weist von sich, ein Adrenalin-Junkie zu sein, der den Kick am Abgrund sucht.

Kurz darauf wandert ein Mann mit seiner Frau langsamen Schrittes einen Weg hinauf, als er plötzlich einen Schritt zur Seite machen muss. Ein Biker fährt nah und schnell an ihm vorbei bergab. Ist es Zufall, dass die Kameraleute prompt so eine Szene einfangen konnten? Dass es immer wieder zu Konflikten zwischen Wanderern und Bikern kommt, belegt der Beitrag jedenfalls recht gut. Wanderer erzählen von rücksichtslosen Bikern, die sie bedrängt oder gar gefährdet haben. Biker erzählen, wie Wanderer sie beschimpft haben oder wie ihnen offensichtlich Stöcke in den Weg gelegt wurden.

Weg vom Wanderweg – das ist auch nicht recht

Doch wie lässt sich der Konflikt lösen? Am Schweizer Bergsommertourismus sind mittlerweile hundertausende Mountainbiker beteiligt, und sie sind zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. Für strukturell schwache Bergdörfer ist das längst ein wichtiger, noch wachsender Markt geworden, in den sie Hoffnung setzen. Als Hotspot für die Bewegung wird die Lenzerheide gezeigt. Dort wird mit dem Angebot eines Bikeparks versucht, die Mountainbiker auf ausgewiesene Strecken jenseits der Wanderwege zu locken. Doch hier hält eine Naturschützerin dagegen. Diese Entflechtung scheint auch nicht recht zu sein, da die Natur auf den Strecken beschädigt werde. Sie fürchtet, dass es künftig auf vielen Schweizer Bergen solche Parks geben könnte. Der Beitrag kommentiert das Strecken-Engagement der Lenzerheide damit, als sei man hier bei den Weltmeisterschaften der Baggerfahrer.

Böse Mountainbiker als Füller im Sommerloch

Hilft also doch nur ein eindeutiges Verbot? Sollen die bösen Biker einfach nicht mehr auf Wanderwegen fahren dürfen? Was der Beitrag völlig ausklammert, ist, dass es in der Realität sehr viele Biker und Wanderer gibt, die ein durchaus rücksichtsvolles Miteinander pflegen. Der Alltag ist ein, in der Regel friedliches Nebeneinander von Bikern und Wanderern. Die Trail-Toleranz – wie es diese beispielsweise in Davos oder Laax gibt und funktioniert – davon gibt es nichts zu sehen. Auch andere konkrete und konstruktive Ansätze werden nicht erwähnt.
 

Bericht der Rundschau im Stream auf SRF:

Kommentar von Thomas Giger zum Rundschau-Bericht

Alpines Mountainbiken ist ähnlich wie Bergsteigen: Wer es nicht selber macht, kann sich nicht vorstellen, was alles möglich ist. Aus diesem Grund werden wir Mountainbiker immer wieder als lebensmüde und todesmutige Gesellen gesehen. Mit der Realität hat das nichts zu tun. Die Abfahrt von der Augstmatt zum Brienzersee ist zwar anspruchsvoll, aber kein Kunststück. Ich bin längst nicht der einzige Mountainbiker, der solche Abfahrten fahren kann. Im Gegenteil: Solche Strecken gehören heute ins Standardrepertoire eines sportlichen Mountainbikers. Ich bin nicht extrem, ich bin normal. Es ist eine Farce, dass eine Person wie der Gemeindepräsident Markus Karlen mein Handeln wertet. Ganz offensichtlich hat er sich noch nie ernsthaft mit dem Mountainbikesport beschäftigt, sich aber trotzdem eine handfeste Meinung gebildet.

Die Behauptung, es herrsche an der Augstmatt ein Bike-Verbot, ist seine persönliche Meinung ohne juristische Grundlage. Würde hier tatsächlich ein Bike-Verbot bestehen, würde am Trail-Start nicht eine selbstgebastelte Plakette hängen sondern es stände hier eine offizielle Tafel, die sich am amtlichen Richtplan orientiert. Nicht das Mountainbiken ist hier illegal sondern vielmehr das Aufstellen selbstgebastelter Tafeln.

Schade am Bericht der Rundschau ist der fehlende Bezug zur Realität. Und diese ist in meinem Fall weitgehend konfliktfrei. Es war bei den Dreharbeiten auch so, dass bei den vielen Wanderern, die wir angetroffen haben, nach kritischen Voten gesucht wurde – vergeblich. Kein einziger Wanderer hat sich während dem Drehtag an den Mountainbikern im Generellen gestört. Die meisten hatten sogar Freude ob der Leistung, welche wir erbringen. Das Nebeneinander funktioniere ganz gut, war die einhellige Meinung. Das ist genau jene Realität, die ich erlebe. Und diese Seite kommt im Rundschaubericht leider ungenügend zur Geltung.

Man mag sich stören ob dem etwas reisserischen Stil der Rundschau, Tatsache ist aber: Erstmals kommt Mountainbiken in einem Politmagazin im Schweizer Fernsehen vor. Und das in einem zehnminütigen Beitrag. Will heissen: Mountainbiken ist längst keine Randerscheinung mehr. Mountainbiker sind wichtig geworden und mittlerweile ein zentrales Element des Sommertourismus.