Trail-Bau ist eine öffentliche Aufgabe! | Ride MTB

Trail-Bau ist eine öffentliche Aufgabe!

Trail-Bau ist eine öffentliche Aufgabe

Mountainbiker schaufeln und finanzieren sich ihre Trails immer wieder in Eigenregie obschon dies eigentlich eine Aufgabe der Behörden und Kommunen ist. Thomas Giger zeigt in seinem Blog den Irrsinn hinter der heutigen Trail-Finanzierung und setzt ein dickes Fragezeichen hinter die vielgepriesene Freiwilligenarbeit.

Der Mensch ist ein intelligentes ­Wesen. Deshalb hat er zum Beispiel Kommunen gebildet für Aufgaben, die Indi­viduen überfordern. Dazu gehören unter anderem der Strassenbau, der Rechtsstaat, die Bildung und ­Forschung, die Landesverteidigung, die Sozialhilfe oder das Gesundheits­wesen. So funktioniert unsere Gesellschaft: Wir delegieren diese Aufgaben an die Behörden und bezahlen im Gegenzug Steuern.

Und jetzt sind da diese Mountain­biker. Sie würden gerne vom Staat bereits erstellte Infrastruktur mitnutzen. Weil dies aber oft nicht so einfach, viel ­öfter aber nicht gewünscht ist, schiessen neue Trails aus dem Boden. Und mit ­ihnen die Frage: Wer bezahlt den Bau und wer ist zuständig für den Unterhalt?

Die Kommunen weisen die Pflicht von sich und wir Mountain­biker stimmen unbedacht mit ein in ­einen diffusen Finanzierungs-Kanon. Crowdfunding-Aktionen werden gestartet, EU-Fördergelder beantragt, Vereins­kassen angezapft und unzählige Stunden Freiwilligenarbeit geleistet. Doch eigentlich ist dies grotesk. Denn Mountain­biker sind kein gesellschaftliches Mikrosegment mit übertriebenen Individualbedürfnissen. Die Sportart ist so weit verbreitet, dass Trails und Routen eigentlich zur kommunalen Basisinfrastruktur gehören – und damit von den Behörden bezahlt und unterhalten werden sollten. Wie Spiel­plätze, Fussballfelder oder Wander­wege. Stattdessen werden Mountainbiker bis ­heute als Freaks degradiert, die ihre Bedürfnisse gefälligst selber zu berappen haben.

Outlaw-Ecke statt bewährte Modelle

Der neueste Finanzierungs­vorstoss stammt aus Österreich, dem Trail-­Absurdistan Europas. Aus den ­Kreisen der Mountainbiker kommt hier der vollmundige Vorschlag ­einer Art Pflicht­abgabe. Jeder Mountainbiker zahlt in ­einen Topf, mit dem flächendeckend Bau und Unterhalt von Trails finanziert wird. Die ­Initiatoren träumen von ­vielen ­Millionen Euro. Das tönt zwar verheissungs­voll, bloss kennen wir ­dieses ­System längst: Es heisst Steuern.

Mit dieser Finanzierungs­diskussion befördern sich die Mountain­biker zurück in die Outlaw-Ecke, aus der sie sich ­eigentlich längst verabschiedet haben. Der Mountainbikesport ist in der ­Mitte der Gesellschaft angekommen und das sollte sich auch bei Bau und Unterhalt der Infrastruktur wieder­spiegeln. Crowdfunding, Freiwilligenarbeit oder Pflichtabgabe sind der falsche Weg, weil die Nach­haltigkeit auf der ­Strecke bleibt. Mountain­bike-Infrastruktur ist Aufgabe der ­Kommunen und des Staates. Die Schweiz hat das begriffen und dies kürzlich ­explizit in die Staats­verfassung schreiben lassen. In Deutschland und Österreich ist man noch nicht soweit. Der Weg dorthin fängt aber bei uns Mountainbikern an, indem wir die Eigen­finanzierung und Freiwilligenarbeit über Bord werfen und die Öffentliche Hand in die Verantwortung nehmen. Denn Mountain­biker sind keine Freaks ­sondern Steuer­zahler.

 

Weitere Blog-Beiträge von Thomas Giger

ride.ch/blog/giger