Das Problem sind Biker, die sich als Trail-Polizisten aufführen | Ride MTB

Das Problem sind Biker, die sich als Trail-Polizisten aufführen

Trail-Polizisten

Es ist eine Disziplin, die Mountainbiker besonders gut können: sich gegenseitig massregeln. Mountainbiker geben gerne ihren Sportsgenossen die Schuld für das Leid am Trail. Touristiker, Journalisten und Trail-Bauer führen sich mittlerweile auf wie Natur-Polizisten, meint Thomas Giger im Blog-Beitrag.

Wehe dem Fall, dass auf einem Bild ein Mountainbiker mit blockiertem Hinterrad zu sehen ist. Oder dieser über ein Stück Wiese fährt. Oder mal auf dem Trail ein Rindvieh nervös macht. Wehe auch, wenn mal ein Tourenvorschlag durch ein vermeintlich sensibles Gebiet führt. Dann donnert es in den Kommentarspalten. Und den selbsternannten Trail-Polizisten platzt der Kragen. Sie haben eine genaue Vorstellung, wie sich Mountainbiker zu verhalten haben. Sie haben aber vor allem aber auch die Ambition, ihren Kodex rigoros durchzusetzen.

Massregelung durch Touristiker und Journalisten

Die Touristiker stimmen lautstark ein in den Disziplinierungs-Kanon. Sie lancieren dafür Kampagnen mit klangvollen Namen wie «FairTrail» oder «Ride Fair». Es geht dabei nicht darum, Gäste anzuwerben sondern diese einzuteilen in gut und böse. Die Kampagnen definieren und vermitteln akzeptables und verwerfliches Verhalten. Es geht nicht um Werbung sondern um Massregelung.

Noch grotesker ist die Rolle der Fachmedien, allen voran Pinkbike. Während man mit Freeride-Videos, Enduro-Action und «Aggressive Trail-Riding» ordentlich Zugriffe generiert, spielen sich Journalisten auf wie Lehrmeister. Dabei werden immer wieder auch Trail-Bauer in einen geradezu religiösen Status gehievt. Sie sind es, die über gut und böse bestimmen. Ihre Einschätzung definiert vorbildliches und verwerfliches Verhalten. Bei allem Respekt vor der Arbeit der Trail-Bauer: Da werden sie von beliebigen Journalisten in eine Rolle gehievt, die ihnen nicht zusteht.

Mountainbiker als Musterschüler

Die Position der Trail-Polizisten ist aber nicht den Touristikern, Journalisten und Trail-Bauern vorenthalten. Diese Rolle steckt in sehr vielen Mountainbikern. Das argwöhnische Beobachten der Anderen und das Urteil über deren scheinbar schädliche Fahrweise oder deren unflätiges Benehmen. Wir kennen das alle. Und wehe, das Gegenüber ist motorisiert unterwegs, dann steckt ein Bein sowieso bereits in der Sünderecke. In der Selbstzerfleischung sind die Mountainbiker ganz grosse Klasse! Aber eigentlich grundlos, die Erfahrung im Alltag ist eine ganz andere: Im Lärm der Trail-Polizisten geht unter, dass die Mountainbiker geradezu wie Musterschüler unterwegs sind. Rücksichtsvoll und umsichtig. Nicht selten fast schon unterwürfig und überfreundlich. Das mag blauäugig klingen, ist es aber nicht. Hätte ein relevanter Anteil der über fünf Millionen Mountainbiker in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein Verhaltensproblem, sähe auf den Trails ganz anders aus. Tut es aber nicht.

Das erzeugte Bild ist fatal

Das Problem ist in diesem Zusammenhang indes ein ganz anderes. Nämlich die Bewirtschaftung und Skandalisierung des Themas durch Touristiker, Medien, Trail-Bauer und uns alle. Wir beschwören einen Konflikt herauf, der gar keiner ist. Wenn wir Mountainbiker uns selber gegenseitig als respektlose Natur-Rowdies bezichtigen, erzeugt dies ein fatales Bild nach Aussen. Wir erzeugen gänzlich unnötig ein negatives und falsches Bild des Mountainbikesports weil wir uns in der Rolle der Trail-Polizisten gut fühlen. Das ist das eigentliche Problem und nicht das Trail-Fehlverhalten einer marginalen Minderheit.

 

Weitere Blog-Beiträge von Thomas Giger

ride.ch/blog/giger

 

Wie sich Pinkbike als Trail-Polizist aufführt:


Weitere News zu diesem Artikel