Das passiert, wenn Mountainbiker zur Mehrheit werden | Ride MTB

Das passiert, wenn Mountainbiker zur Mehrheit werden

Die Perspektive ist nicht unrealistisch: Bald gibts mehr Mountainbiker als Wanderer auf den Singletrails. Deshalb sollten sich Wanderer heute so gegenüber Mountainbikern verhalten, wie sie künftig als Minderheit auch behandelt werden wollen: mit Toleranz und Respekt. Und umgekehrt auch. Ein Blick in die Trail-Zukunft im Blog von Thomas Giger

Seit geraumer Zeit stehen einige Bergbahnen in den Alpen an einem Wendepunkt: Erstmals haben sie mehr Tickets an Mountainbiker denn an Wanderer verkauft. Der Trend geht in eine klare Richtung: Die Mountainbiker sind möglicherweise in vielen Region bald schon in der Mehrheit. Auch in städtischen Naherholungsgebieten dürften die Mountainbiker in den nächsten Jahren zur möglicherweise wichtigsten Nutzergruppe der Naherholung werden. Fachleute stellen sich nicht mehr die Frage ob, sondern wann dies erfolgen wird.

Die Veränderung der Mehrheitsverhältnisse wird vieles umkrempeln. Wege werden künftig erstellt und unterhalten, um den Anforderungen der Mountainbiker zu entsprechen. Die zahlenmässige Überlegenheit der Mountainbiker wird auch zu anderen Denkweisen führen. So wird sich die Frage stellen, ob die Wanderer weiterhin uneingeschränkten Zugang zu den Wegen haben. Es werden ähnliche Diskussionen wie heute aufkommen, bloss mit umgekehrten Vorzeichen. Auf konfliktträchtigen Routen werden es nicht mehr die Mountainbiker sein, die per se klein beigeben müssen. Verbote oder zeit­liche Einschränkungen könnten künftig für Fussgänger statt für Radfahrer gelten. Die neuen Mehrheitsverhältnisse werden so zu grundlegend anderen Positionen führen.

Die markanteste Veränderung kommt aber beim Umgang zwischen Wanderern und Mountainbikern. Heute haben die Fussgänger auf dem Trail das Sagen und dulden die Biker auf «ihren» Routen. Sind die Mountain­biker erst einmal zahlenmässig überlegen, werden diese dann die Wanderer auf «ihren» Routen zu dulden haben. Deshalb müssen sich Wanderer schon heute die Frage stellen: «Wie möchte ich, dass künftig mit mir umgegangen wird?» Sie sollten heute Toleranz und Respekt vorleben, weil sie dann als Minderheit ein ebensolches Verhalten einfordern werden.

Noch viel mehr gilt es aber für die Mountainbiker, sich ihrer heutigen Ausstrahlung bewusst zu sein. Jenes Verhalten, dass sie heute von den Wanderern erwarten, müssen sie künftig selbst an den Tag legen. Es darf nicht sein, dass die Mountainbiker heute für Toleranz, Respekt und die gemeinsame Nutzung von Singletrails einstehen, dann aber in der Mehrheitsposition Besitzansprüche anmelden und Wanderer auf speziell für sie ausgeschiedene Routen verbannen wollen. Mountainbiker müssen Grösse zeigen und gegenwärtig an sie geforderte Einschränkungen später nicht selbst durchsetzen wollen.

Wenn Mountainbiker zur Mehrheit werden, hat das einen wesentlich grösseren Einfluss als bloss auf die Gestaltung der Infrastruktur. Die grösste Veränderung wird beim gegenseitigen Umgang der Wegbenutzer auszumachen sein. Da wirft die Zukunft längst ihren Schatten voraus. Wanderer und Mountainbiker tun sich gut daran, einen freundschaftlichen und respektvollen Umgang zu pflegen. Sie legen sich selbst damit eine solide Basis für eine Zukunft mit umgekehrten Vorzeichen.
 

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