Wie sich das Velo als systemrelevant heraus stellt | Ride MTB

Wie sich das Velo als systemrelevant heraus stellt

Der Bundesrat hat zur Bekämpfung von Covid-19 das Wirtschaftsleben stark eingeschränkt. Gleichzeitig sendet er ein starkes Signal in die Fahrradbranche: Die Reparaturwerkstätten für Velos können und sollen offen bleiben. Denn das Fahrrad stellt die Mobilität sicher, es gibt kein Ansteckungsrisiko wie beim öV. Wie reagieren die Schweizer Fachhändler auf die neuen Verhältnisse, in der sie zum Grundversorger avancieren? Soviel vorab: Sie reagieren blitzschnell.

Am 16. März stuft der Bundesrat die Situation als «ausserordentliche Lage» ein und hat weitreichende Massnahmen ergriffen. Der Bund hat auch beschlossen: Um die Versorgung der gesamten Bevölkerung sicherzustellen, können und sollen Werkstätten für Veloreparaturen geöffnet bleiben.

Velosuisse, die Vereinigung der Schweizer Veloimporteure, hat bei Fahrradfachhändlern nachgefragt und man sei dort bestens gerüstet für die Bekämpfung des Coronavirus. «Das ist auch dringend nötig», sagt Martin Platter, Geschäftsführer und Leiter der Medienstelle von Velosuisse. «Weil sich die Menschen keinen Ansteckungsrisiken aussetzen wollen, sitzen sie lieber aufs Velo anstatt in öffentliche Verkehrsmittel. Damit wächst der Bedarf an Service- und Reparaturarbeiten, Ersatzteilen und Fahrrädern», so Platter weiter.

Posts auf Facebook, die Newsletter von Fachhändlern und ein Rundgang im Raum Basel sprechen eine deutliche Sprache: Die Schweizer Fahrradfachhändler haben blitzschnell auf die neue Situation reagiert. Die Verkaufsräume sind geschlossen, und so umorganisiert, dass der Fahrradladen als Reparatur-only Betrieb funktioniert und die Sicherheitsabstände zwischen den Mechanikern gar noch weit grösser sind, als vom Bundesamt für Gesundheit angeordnet. Es wird zudem der Kundschaft die unkomplizierte Möglichkeit gegeben, via Telefon oder Mail Reparaturen anzumelden, Hol- und Bring-Dienstleistungen stellen sicher, dass die Veloreparatur absolut kontaktlos über die Bühne geht und das Corona-Virus keine Chance hat, sich weiter zu verbreiten.

Besonders schnell hat Thomas Ernst von Velo Zürich auf die neue Situation reagiert. Wenige Stunden nach der Bekanntgabe der neuen Massnahmen am 16. März 2020 hat er seinen Betrieb auf die Corona-Bekämpfung ausgerichtet: Mit sogenannten Corona-Velofenstern können die Kunden Fahrräder deponieren und nach der Reparatur abholen und die Termine online 7x24 angemeldet und kontaktlos abgewickelt werden. Mit einer Hotline für kostenlose Infos und Hilfestellungen für allfällige Heimreparaturen baut Velo Zürich sein Dienstleistungsangebot aus und zeigt, wie Velowerkstätten zum systemrelevanten Grundversorger avancieren.

Die meist als Kleinstbetriebe organsierten Fahrradgeschäfte in der Schweiz mit durchschnittlich zwei bis drei Mitarbeitern können im Gegensatz zu anderen KMUs einen Teil ihrer Aktivität aufrecht erhalten. Dennoch arbeiten Bikeshops unter erschwerten Bedingungen: Es ist aufwändiger, die Reparaturen im Kontaktlos-Modus durchzuführen. Wesentlich schwerer wiegt indes die Tatsache, dass Fahrradverkäufe nicht mehr im persönlichen Beratungsgespräch von Angesicht zu Angesicht im Laden stattfinden. Sondern müssen – wie bei den grossen Internet-Shops – per Telefon, Chat, E-Mail, Webshop oder über die sozialen Medien vorgenommen werden. Das ist ein Transformationsprozess, den wohl zahlreiche Geschäfte nicht so schnell nachvollziehen können. Deshalb treffen Schweizer Velohersteller bereits Vorbereitungen, Ihre Online-Präsenzen mit Chat-Funktionen zu erweitern, um eine Beratung auf diesem Weg möglich zu machen. Wie stark der Fahrradverkauf unter dem neuen Regime beinflusst wird, ist aktuell noch nicht absehbar.

Weiter erschwerend dazu kommt, dass Lieferengpässe drohen: Die Velosuisse-Importeure zeigen sich im Moment noch zuversichtlich, die Nachfrage decken zu können. Setzt die Zulieferkette aus China und Südostasien und neuerdings vereinzelt auch aus Europa aber nicht bald wieder ein, könnte es ab Mai zu Lieferengpässen kommen. Bereits jetzt sind gemäss Platter gefragte Fahrradmodelle nur noch schwer erhältlich.


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