Waldgesetz Bern: Trailnet protestiert und fordert eine Fachstelle | Ride MTB

Waldgesetz Bern: Trailnet protestiert und fordert eine Fachstelle

Wie angekündigt hat das Berner Mountainbike-Netzwerk «Trailnet» gegen das geplante Waldgesetz des Kantons Bern eine schriftliche Beschwerde eingereicht. Es gebe keine Gründe für eine so drastische Massnahme wie dem geplanten Singletrail-Verbot. Es verhindere pragmatische Lösungen und schaffe neue Konflikte. Vielmehr solle eine Fachstelle für Mountainbiker geschaffen werden und Mountainbiker sollen künftig in die Ausarbeitung der Waldentwicklungspläne integriert werden.

Offizieller Wortlaut des Schreibens von Trailnet an die Volkswirtschaftdirektion des Kantons Bern:

Sehr geehrter Herr Regierungsrat, sehr geehrte Damen und Herren

Die vorgeschlagene Änderung von Art. 22 Abs. 2 (sowie in Artikel 46 Absatz 1 Buchstabe b) des KWaG führt in keiner Hinsicht, für keine der beteiligten Parteien, zu einer Verbesserung der heutigen Situation. Die Begründung für eine Einschränkung des Radfahrens auf Waldstrassen entbehrt jeglicher faktischen Grundlage. Ein Gesetz nach dem vorgeschlagenen Wortlaut würde Konflikte erst schaffen und zu einer unkontrollierbaren Situation führen. Wir fordern daher keine generelle Einschränkung und anerbieten uns, den Einfluss unserer Organisation unter den Mountainbikern für eine Verbesserung der Situation zu nutzen. Weiter möchten wir in Verhandlungen treten, um eine Interessenvertretung und Ansprechperson der mountainbikenden Bevölkerung zu etablieren.

Ausgangslage
Mountainbike ist eine der zehn beliebtesten Sportarten der Schweizer Bevölkerung. Im Kanton Bern sind nach der offiziellen Statistik 60‘000 Personen auf einem Mountainbike unterwegs. Dies geschieht hauptsächlich auf Wald und ähnlichen unbefestigten Wegen, wobei der Anteil an speziell markierten Wegen und Pisten trotz ihrer Beliebtheit im Verhältnis dazu klein ist. Zieht man in Betracht, dass ein Drittel der Bevölkerung nicht sportlich aktiv ist, wird der Anteil der Mountainbiker unter den Personen, die im Wald anzutreffen sind, proportional gewichtiger.

trailnet - Das Bikenetzwerk, die Vertretung der Mountainbiker
Wir vertreten die Individualsportler, die Mountainbikenden des Kantons Bern. trailnet ist aus der Fusion zweier Vereine entstanden, die sich in Bern und Biel für die Legalisierung von Mountainbike-Anlagen eingesetzt haben. Seit sechs Jahren besteht der nicht kommerziell orientierte Verein in seiner heutigen Form. Die ehrenamtlich tätigen Mitglieder bilden den Trägerverein und betreiben spezifische Mountainbike-Infrastrukturen in Bern und Biel. Weitere eigene Projekte bestehen in Basel und Solothurn. Daneben besteht ein enges Kontaktnetz zu Organisationen und Gruppen mit ähnlichen Interessen, in welchem trailnet eine beratende Funktion übernimmt. In nationalen Gremien, die Mountainbiken zum Thema haben, vertritt trailnet die Bedürfnisse der Individualsportler.
Dies ist die FsMTB (Fachgruppe sicher Mountainbiken), welcher neben den Bundesämtern ASTRA und BASPO auch Verbände wie Seilbahnen Schweiz und Schweizer Wanderwege angehören. Bei der Erarbeitung des bfu-Leitfadens zur Realisierung von Mountainbike-Anlagen hat trailnet seit 2007 die Interessenvertretung der Biker übernommen.

Politisch hat trailnet verschiedene Initiativen gestartet und auch Einschränkungen durch Fahrverbote erfolgreich bekämpft. Dabei hat trailnet stets eine vermittelnde Position zwischen Individualsportlern und der Verwaltung eingenommen. Die sonst nicht adressierbaren Mountainbikenden werden durch trailnet ansprechbar. Damit wird eine Aufgabe übernommen, die bisher von keinem Verband oder einer ähnlichen Körperschaft wahrgenommen wird.

In der Vernehmlassung zum KWaG hat trailnet die Initiative ergriffen und über neue sowie klassische Medien zur lösungsorientierten Beteiligung aufgerufen. Die sonst zurückhaltenden Individualsportler haben sich in Scharen gemeldet. Diese Rückmeldungen werden zu Ende der Vernehmlassungsfrist als Daten CD eingereicht. Die Mitgliederzahl stieg während der Kampagne um 10%.

Unsere Haltung begründen wir wie folgt
Für die angeführten Gründe zur Verschärfung des Waldgesetzes gibt es keine Grundlagen, die eine derart drastische Massnahme wie ein Verbot legitimieren würden. Weder ist die Schädigung vorhanden, noch bestehen gravierende Konflikte. Ein Verbot ist daher unverhältnismässig und bringt keine Verbesserung. Eher noch werden Probleme geschaffen, die vorher nicht bestanden. Neben der Kriminalisierung eines Teils der Bevölkerung verunmöglicht ein generelles Verbot die angestrebten Steuerungsmöglichkeiten im Individualsport Mountainbike. Für die Anliegen der Grundeigentümer, deren Eigentum vermehrt fremdgenutzt wird, haben wir allerdings Verständnis. Und wir anerbieten uns für die gemeinsame Entwicklung von Steuerungsmöglichkeiten. Würden in Zukunft tatsächlich mehr Konflikte zwischen den verschiedenen Erholungssuchenden im Wald auftreten, würden wir Massnahmen der Information und Kommunikation bevorzugen. Wir stützen uns dabei auf die national angestrebte Koexistenz verschiedener Nutzergruppen. Neben der gemeinsamen Position der Schweizer Wanderwege, Schweiz Mobil, Swiss Cycling und der bfu, den durchaus positiven Erfahrungen mit Graubündenbike, geht auch die „Waldpolitik 2020“ in Richtung einer schonenden Erholungsnutzung. Wir sind überzeugt: Sensibilisieren für die Schutzbedürftigkeit des Waldes geschieht durch rücksichtsvolles Nutzen, nicht durch Ausschluss und Verbote. Konflikte werden grundsätzlich durch Kontakt und den daraus resultierenden Dialog entschärft. Dazu muss die Bevölkerungsgruppe der Mountainbiker einbezogen werden.

Forderung, Angebot und Diskussion
Wir fordern den Verzicht auf die verschärfte Formulierung des KWaG Artikel 22. Absatz 2. Die Erholungsnutzung (Mountainbiken) im Wald soll nicht generell eingeschränkt werden. Soll in besonders sensiblen Gebieten die Erholungsnutzung (Mountainbiken) im Wald eingeschränkt werden, muss dies im Rahmen von kantonalen oder regionalen Planungsverfahren RGSK (Regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzepten) geschehen. Im Rahmen des WEP, (Waldentwicklungsplans) kann eine kleinräumige Planung subsidiär stattfinden. Dabei sollen die zuständigen Amtsstellen (Fachstelle Velo, Langsamverkehr), sowie die jeweiligen Regionalkonferenzen/Planungsregionen in den Planungsprozess mit einbezogen werden. Es wird zusätzlich beantragt, dass sich lokale Mountainbike-Vertreter (Mountainbike-Vereine etc.) in den Planungsprozess einbringen können, wie dies in den Artikeln 5 sowie 7 des KWaG vorgesehen wird. Diese Vertreter rekrutiert, vermittelt und berät trailnet, bis eine professionelle Ansprechstelle geschaffen werden kann.

Angebot
trailnet übernimmt für die offiziellen Stellen einen Teil ihrer Informationsaufgabe. Mit den zur Verfügung stehenden Kommunikationskanälen zu den Individualsportlern fördern wir die Akzeptanz und Selbstregulierung. Ein Bike-Verhaltenskodex besteht und wird angepasst. Für die dauernde Vertretung des Mountainbikes soll eine Fachstelle geschaffen werden. Hierfür ist trailnet als
bisher einzige Vertretung in einer guten Ausgangslage, aber von offizieller Seite muss strukturell und auch mit finanziellen Mitteln Hand geboten werden.

Diskussion
Erleichterte Bewilligung für spezifische Wege und Pisten (Anlagen); Für die Sonderbewilligung, Bauen ausserhalb der Bauzone, muss die Standortgebundenheit belegt werden. Diese soll sich durch die Höhe des Nutzungsdrucks belegen lassen können. Eine festzulegende Einheit bestimmt über den Grad der Entflechtungsmassnahmen, wie beispielsweise gesonderte Anlagen. Damit kann der örtlich vorherrschenden Situation entsprechend gesteuert werden.

Verzicht und Zusammenarbeit
Wir bitten Sie daher, in Anbetracht der Gegenargumente gegen das Verbot, auf die Revision von Art. 22 Abs. 2 KWaG zu verzichten. Der bestehende Gesetzestext soll beibehalten werden, wobei wir die Trennung von Pferd und Rad begrüssen würden. Die bereits erfolgten Angebote von Seiten des KAWA zur gemeinsamen weiteren Entwicklung nehmen wir gerne an. Wir sind zuversichtlich, dass der angestossene Prozess in die richtige Richtung führt.

Wir danken ihnen für die Möglichkeit zur Stellungnahme und der Berücksichtigung unserer Überlegungen.

Mit dem besten Dank für Ihre Offenheit und freundlichen Grüssen

Für trailnet - Das Bikenetzwerk
Samuel Hubschmid
Vereinspräsident

Dokument mit Gegenargumenten zum geplanten Waldgesetz:
www.trailnet.ch/files/PDF/Fakten_Gegenargumentation_KWaG_20100213.pdf


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