Test: Rocky Mountain Altitude im Vergleich zum Altitude Powerplay | Ride MTB

Test: Rocky Mountain Altitude im Vergleich zum Altitude Powerplay

Überall besingen die Marketing-Schreier dieselbe Phrase: «Unser E-Mountainbike fährt sich wie ein normales Bike!» Nun, E-Mountainbikes fahren sich zweifelsohne sehr gut, aber gleich? Ein direkter Vergleich mit zwei identischen Bikes ist also angesagt. Im Prüfring stehen sich die kanadischen Haudegen «Altitude» und «Powerplay» gegenüber, beide aus dem Hause Rocky Mountain. Ring frei!

Ausstattung und Gewicht

Bevor sich die beiden Boliden in der Trail-Arena beweisen dürfen, werden sie aber noch gründlich durchleuchtet.
 

Rocky Mountain «Altitude Carbon 70»

Wie es der Name schon verrät, besitzt das Bike einen Carbon-Rahmen samt verstellbarer Geometrie (RIDE-9TM). An der Front arbeitet eine Fox «36 Float EVOL FIT4 Performance Elite» Federgabel, die 160 Millimeter Federweg aufweist. Am Heck stehen 150 Millimeter Federweg zur Verfügung, die von einem Fox «Fox Float DPS EVOL Performance Elite» Dämpfer verarbeitet werden. Ebenfalls aus dem Fuchsbau stammt die Sattelstütze, die Fox «Transfer Performance Elite». Schaltung (Shimano XT-11-fach, vorne 32 Zähne, hinten Kassette 11-46 Zähne) und Bremsen (Shimano XT 180 Millimeter) stammen aus dem Hause Shimano. Weiter finden sich viele Anbauteile von RaceFace und RockyMountain am Bike.

Onza liefert das schwarze Gold in Form von griffigen Reifen: Vorne ein Citius «EDC RC²45a» in 27.5 x 2.4 Zoll und hinten ein Ibex in derselben Ausführung und Dimension.

Samt Pedalen kommt das Enduro-Bike auf ein Gewicht von 13.5 Kilogramm.
 

Rocky Mountain «Altitude Powerplay 70»

Auch hier kommt ein Carbon-Rahmen samt verstellbarer Geometrie zum Einsatz. Spannend wird der Blick auf die Geometriedaten der beiden Bikes. Sie sind beinahe identisch. Zuerst vermutet man noch einen Druckfehler bei den Spezifikationen, bei noch genauerem Hinsehen entdecken wir dann aber doch noch den einen oder anderen Unterschied, beispielsweise ist die Länge des Sitzrohres unterschiedlich, was natürlich auf das Konto des Elektromotors geht. Ansonsten aber sind die Bikes mit der selben Geometrie ausgestattet.

Auch beim Powerplay 70 stammt die Gabel, der Dämpfer und die Variosattelstütze von Fox. Gebremst wird mit der Sram GE (200 Millimeter Disc) Bremse, die speziell für E-Bikes entwickelt wurde. Die breiten 40er-Felgen hören auf den Namen Sun Düroc 40, die mit Maxxis «Minion DHF WT EXO 27.5 x 2.5» Gummis bereift sind.

Natürlich muss auch dieses Bike auf die Waage bevor es in den Ring darf: Die Anzeige bleibt bei rund 23 Kilogramm stehen – inklusive Pedalen.
 

Gleiche Geometrie, gleiches Fahrverhalten?

Die übereinstimmenden Geometriedaten der beiden Gefährte beeindrucken uns. Nur fahren wir die Bikes ja nicht auf dem Papier, sondern noch immer im Gelände. Also nichts wie ab auf die Testrunde. Diese besteht zu Beginn aus einem kurzen Flachstück und einem längeren aber gleichmässigen Aufstieg mit zwei kurzen, aber gegen Ende hin steilen Rampen. Oben angelangt, zweigt ein mit Wurzeln gespickter, leicht abfallender Trail von der Forststrasse ab, der je länger desto ruppiger wird. Er ist gewürzt mit Absätzen, natürlichen Anliegern und einem kurzen Highspeed-Abschnitt – kurz ein Trail mit allem, was unser Mountainbiker-Herz höher schlagen lässt.
 

Das Altitude auf dem Rundkurs

Als erstes darf sich das mit purer Muskelkraft betriebene Altitude beweisen. Mit seinen 13.5 Kilogramm ist der Bolide gewiss kein Leichtgewicht, aber welches Enduro-Bike ist das schon. Zudem bewegt ein mit etwas konditioneller Basis ausgestatteter Fahrer dieses Bike problemlos den Berg hinauf. Bei geschlossenem Federbein erklimmt das Altitude sehr angenehm und unaufgeregt Höhenmeter um Höhenmeter. Der steife Carbon-Rahmen wandelt jedes Watt Leistung in Vortrieb um, sodass wir schnell an Höhe gewinnen und uns schon bald in den Downhill stürzen können.

Dämpfer auf, Sattel runter, Bremsen los, Mundwinkel nach hinten – die einfachste Formel zum Glück. Hier ist das Altitude im Element. Weder die Wurzeln noch die steilen Absätze bringen es aus der Ruhe. Einzig beim harten Anbremsen auf Schotter oder losem Untergrund beginnt es etwas zu tänzeln, bleibt aber immer kontrollierbar. Das Altitude ist zweifellos ein über die Jahre ausgereiftes Spassbike, Punkt.
 

Das Powerplay auf dem Rundkurs

Noch vollgepumpt mit Adrenalin von der Runde mit dem Altitude, setzen wir uns auf das Powerplay. Mit dem zusätzlichen Schub unter dem Hintern würden wir uns im Uphill – selbstredend auch bei über 20 Prozent Steigung – nur langweilen. Wir passen die Strecke kurzerhand etwas an. Das heisst, wir fahren den eigentlichen Downhill-Streckenteil sowohl hoch, wie auch runter. Power auf Maximum und los. Selbst als gestandene Mountainbiker staunen wir immer wieder über die Zusatzpower aus dem Akku.

Im flachen Startteil der Strecke sind sich die beiden Bikes in Sachen Sitzposition zum verwechseln ähnlich. Hier ist auch die zusätzliche Power nicht so relevant. Sobald wir aber von der Forststrasse in den Singletrail einbiegen, ist der Unterschied in Sachen Leistung frappant. Ein Aufstieg scheitert nicht mehr an der Kondition, sondern höchstens an der eigenen Fahrtechnik. Die Bedienung der Kontrolleinheit ist einfach und selbsterklärend, und das gefällt. Über die Absätze hinauf sind wir froh um die Unterstützung des Motors im «Fussgänger-Modus».

Oben angelangt, stürzen wir uns gleich wieder in die Abfahrt: Dämpfer auf, Sattel runter, Bremsen los, Mundwinkel nach hinten. Das Powerplay schlägt sich auch bergab sehr gut und ist beim Anbremsen und in den Kurven ein wahres Grip-Monster. Es fährt sich insgesamt viel ruhiger bergab als das Altitude, das Spielerische und Lebendige bleibt daher jedoch auf der Strecke – der Spassfaktor aber zum Glück nicht.
 

Fazit: Same-same, but different.

Ja, die beiden Bikes haben vieles gemeinsam, sind aber trotz identischer Geometrie ganz anders zu fahren. Logischerweise sorgt der Faktor «Gewicht» hier für den Hauptunterschied. Am auffälligsten ist dies beim Foto-Shooting, wo wir die Bikes beinahe innert Sekundenfrist wechseln. Hier fallen die grössten Unterschiede auf. Die Lebendigkeit des Altitude sorgt ebenso für Begeisterung, wie die schiere Kraft des Powerplay. Egal also, wie sich der potenzielle Käufer entscheidet, enttäuscht wird er sicherlich nicht. Die Aussage aber, dass sich das E-Mountainbike und sein muskelbetriebenes Pendant gleich fahren, können wir so nicht unterschreiben.

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