Test: Flyer Uproc X 9.50 – ein Feuerwerk an Überraschungen | Ride MTB

Test: Flyer Uproc X 9.50 – ein Feuerwerk an Überraschungen

Vor zwei Jahren hat Flyer das Uproc von Grund auf neu entwickelt und mit dem Model 6 ein Downhill-orientiertes E-Enduro geschaffen. Nun folgt das Uproc X, der als Allmountain konzipierte kleine Bruder. Das neue Uproc ist voller Überraschungen und Gegensätze.

Optisch erinnert es stark an seinen Vorgänger, doch im Detail haben sie nicht viel gemeinsam. Da wäre zum Beispiel der neue GX-Ultimate-Motor von Panasonic, mit einer auf 750 Wattstunden gesteigerten Akkuleistung und satten 95 Newtonmeter Unterstützung. Der Federweg ist auf 150 Millimeter «geschrumpft», dennoch ist der Radstand gewachsen. Geblieben ist die Mullet-Bauweise.

Neu ist die Batterie nicht mehr im Rahmen «versorgt», sie ist nun quasi Teil des Rahmens. Das Unterrohr ist c-förmig angelegt, der Akku fix mit der Abdeckung verbunden. EEr wird mit einem Schraubbolzen fest im Rahmen fixiert.In der Hinterradsteckachse ist ein 6-Millimeter-Inbusschlüssel integriert, mit dem die Batterie für ein externes Laden mit wenigen Umdrehungen entfernt werden kann.  

Beim getesteten Bike handelt es sich um eine Vorserie. Der Rahmen entspricht der Serie, der Grossteil der verbauten Teile auch. Nur einzelne Parts weichen davon ab, da sie aktuell noch nicht verfügbar sind – so wie die Laufräder und die Bereifung. Das Cockpit ist eine temporäre Lösung. Endkunden-Bikes erhalten eine Lenker-Vorbau-Combo aus Karbon. Bestandteil davon ist eine Halterung, die oben das Display aufnimmt und unten einen optional erhältlichen Scheinwerfer. Im Steuerrohr wird zusätzlich eine Stash-Tool-Aufnahme vorhanden sein.

Wir fragten bei Flyer nach, was das Uproc X von anderen E-Bikes unterscheidet:

1. Geometrie:
Für dieses Bike haben wir die Geometrie bis ins Feinste ausbalanciert. Es war uns wichtig, dass das Bike auf jedem Trail so richtig Spass macht und insbesondere sehr gut auf technischen Uphills klettert.
 
2. Panasonic GX Ultimate Pro:
95 Nm Power mit Automatikmodus. Dank des «Panasonic GX Ultimate Pro Fit»-Antriebs mit 95 Nm Drehmoment und 600 Watt Spitzenleistung hat das Uproc X ordentlich Schubkraft.

3. 750-Wh-Akku mit smarter Befestigung im Unterrohr:
Der 750-Wh-Akku bringt viel Energie für lange Touren mit. Die mit einem Bolzen verschraubte Akkubefestigung garantiert einen vibrationsfreien Sitz des vollintegrierten Akkus und ermöglicht es, diesen mit wenigen Handgriffen zu entnehmen.

Aussage von: Anja Knaus, PR und Media Relations, Flyer AG

Besonderheiten

  •  «Panasonic GX Ultimate»-Motor 
  • Fit-System 
  • Gummidichtung bei Teleskopstütze die Schmutz vernhält
  • Aluschützer am Hinterbau
  • Massiver Motorschutz im Tretlagerbereich
  • Monkey-Link-Aufnahmen für Scheinwerfer
  • Akkuentnahme ohne Schlüssel 
  • Akku ist Teil des Rahmens 

In der Ebene

Der Reach des Flyers ist eher kurz, das Oberrohr gar sehr kurz. Das ergibt eine aufrechte Sitzposition und bei der ersten Ausfahrt hat man das Gefühl, auf einem Downhiller zu hocken. Tritt man in die Pedalen, ist das schnell vergessen. Der Panasonic-Motor schiebt einen im Nu auf die 25 km/h. Eine sportliche Sitzposition braucht es da nicht. Gut, einen Zacken länger dürfte der Vorbau schon sein. Obschon dieser dem Bike zu einer unglaublichen Wendigkeit verhilft, und das trotz dem eher langen Radstand. Das Uproc geht mit Schmackes um enge Kurven und trumpft auf flowigen Trails. Versucht man, über die Grenze der maximalen Unterstützung zu treten, wird es streng, da macht sich das hohe Gesamtgewicht auf einmal spürbar.

Berg hoch

Auf Schotterstrassen geht das Bike hoch wie kein zweites. Hier demonstriert der Panasonic GX Ultimate, was in seiner Bezeichnung steckt. Wer Dampf gibt, bis der Puls fast kollabiert, donnert immer mit 25 km/h hoch. Da ist man mit anderen Motoren meist zwei bis drei Stundenkilometer langsamer. Bei so viel Tempo braucht es jedoch etwas Druck auf das Vorderrad, damit dieses nicht übersteuert. Wechselt man von der Forststrasse auf anspruchsvolle Singletrail-Anstiege, zeigt sich der starke Motor äusserst sanft. Er schiebt nie unnötig nach, drosselt die Umdrehungen gekonnt, wenn der Untergrund lose ist oder wenig Druck auf dem Heck herrscht: Traktion pur. Trotz Mullet-Laufrädern und sehr softem Fahrwerk steigt einem das Vorderrad nie entgegen. Das ist unter anderem den langen Kettenstreben zu verdanken.

Berg runter

Im Downhill muss man aufpassen, dass einem nicht die «Sicherungen durchbrennen». Nach der ersten Kurve wird man übermütig: Wow, das ging flott, und es wird klar, die Maschine kann was. Harte Bremsmanöver? Kein Problem. Mit Vollgas auf die Kehre zu, den Anker werfen und staunen, wie satt das Bike am Boden liegt. Bremse auf, das Bike in die Kurve drücken und mit viel Speed auf die nächste zu. Das Adrenalin schiesst auf maximale Produktion. Ist das echt ein 25 Kilo schweres E-Bike? Das Ja kommt beim ersten Jump: Das Heck hat wenig Pop und das Gewicht bremst die Airtime aus. Klar, wer das Fahrwerk straffer abstimmt, hat da weniger Sorgen. Doch das klassische Setup mit 30 Prozent SAG sorgt beinahe für Saugkräfte, so sehr klebt das Flyer auf dem Untergrund. Wirklich soft ist es nur auf zwei Dritteln des Hubs, dann hat das Federbein eine hohe Progression. Bei diesem Bike zeigt sich, wie gut ein Mullet-Setup funktioniert, wenn es richtig konstruiert ist. Wie erwähnt geht das Bike um enge sowie weite, lang gezogene Anlegerkurven wie kaum ein anderes. Das agile Fahrverhalten führt dazu, dass man seine Grenzen stets fordert, denn auch bei Highspeed ist es für ein Allmountain sehr laufruhig. 

Fazit

Bei diesem Bike stimmt so einiges «nicht»: Es ist lang, dennoch wendig und verspielt. Es ist schwer, doch spürt man das nur beim Springen. Es hat einen Mullet-Aufbau, klettert aber besser als so manches 29er-Bike. Die Sitzposition ist gedrungen, doch es stört nicht. Der Motor hat mehr Power als die meisten andern, trotzdem kann er ganz sanft sein. Das Fahrverhalten ist ein Garant für Spass und Adrenalin. Das Uproc X hat aber auch seine Schwächen. In der Abfahrt rasselt das Bike, ob es vom Motor oder vom Rahmen her kommt, war nicht auszumachen. Und wer das Bike ordentlich in die Kurven knallt, stellt bald mal fest, dass dabei der hintere Reifen am Rahmen streift und leichte Spuren hinterlässt. 

Empfehlung

Für lange Tage im Sattel würde ein etwas längerer Vorbau eine ergonomischere Sitzposition gewähren. Das würde helfen, wenn man einen anderen Unterstützungsmodus als High wählt und selber stärker treten muss.

Spezifikationen

Rahmenmaterial: Karbon
Preis: CHF 11’199.00 (ab CHF 5899.00)
Gewicht: 25.1 kg (Rahmengrösse M, mit Pedalen)
Federweg:  150 mm vorne / 150 mm hinten
Motor: Panasonic GX Ultimate Pro FIT, 250 W, 95 Nm
Akku: Flyer FIB-750 36V FIT, 750 Wh
Federgabel: Fox 36 Float Factory
Federbein: Fox Float X Factory
Schaltung:  Sram X01 AXS
Bremsen:  Shimano XTR 4-Kolben, 220/203 mm
Kurbelgarnitur:  k. A.
Laufräder: Mavic E-Deemax
Reifen:  Vorne: Onza Porcupine, TRC60, 29 x 2.4
Hinten: Onza Porcupine, GRC50 27.5 x 2.6 
Sattel: Fizik Aidon
Sattelstütze: Sram Reverb AXS, 150 mm
Vorbau: Flyer Carbon Cockpit, , 40 mm 
Lenker: Monkey Link, 780 mm, 20 mm Rise

Geometrie

Alle Daten hier: Link

Hersteller

www.flyer-bikes.com

Testbericht erschienen in Ausgabe No. 80 von Ride Magazin.
 


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