Sram Deutschland exportiert Corona-Massnahmen in die Schweiz | Ride MTB

Sram Deutschland exportiert Corona-Massnahmen in die Schweiz

Bei einer Fachhändlerschulung im Thurgau bringen Sram-Fachleute aus Deutschland nicht nur ihr Know-How rund um Rock Shox-Produkte mit. Auch im Gepäck sind Corona-Massnahmen wie Test- und Maskenpflicht, die bei der Weiterbildung angewendet werden. Obwohl diese Massnahmen seit Anfang April in der Schweiz ganz und in Deutschland weitgehend abgeschafft sind. Wie ist das möglich?

In der Schweiz sind seit dem 1. April 2022 sämtliche Corona-Massnahmen aufgehoben, der Bundesrat hat die «Besondere Lage» für beendet erklärt. In Deutschland, ausser in sogenannten Hotspots sowie allgemein im öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen, gilt seit dem 3. April 2022 keine Maskenpflicht mehr und 3-G und Test-Erfordernisse wurden reduziert.

Dennoch findet im April 2022 bei Rock Shox-Weiterbildungen beim Schweizer Sram-Distributor Chris Sports AG vor dem Anlass ein Covid-Test statt und es gilt die Pflicht zum Tragen eines Mund-und Nasenschutzes.

Moritz Dittmar - bei Sram Deutschland GmbH am Steuer als MTB Communications Specialist, Northern Europe - gibt dazu Auskunft: «Es gilt die Verpflichtung, einen Schnelltest vor Ort durchzuführen. An den Plätzen können die Teilnehmer gerne ihre Masken ablegen, sofern ein Abstand von 1,5 Metern eingehalten wird.»

Dittmar führt weiter aus, dass die Grundlage dieser Sicherheitsvorkehrungen die Arbeitsschutzverordnung in Bayern sei. Diese schreibt seit dem 17. März 2022 eine individuelle Gefährdungsbeurteilung für jeden Betrieb vor, diese ist gemäss Dittmar nicht öffentlich einsehbar. Sram Deutschland GmbH passe die innerbetrieblichen Schutzmassnahmen kontinuierlich an, «mit dem Ziel, alle Mitarbeiter und deren Familien zu schützen». Diese Massnahmen setzt Sram Deutschland GmbH gemäss Dittmar im Rahmen des Hausrechts um. Dieses Hausrecht findet jedoch keine Anwendung in der Schweiz, so Dittmar weiter und erklärt, weshalb die Corona-Schutzmassnahmen in der Schweiz umgesetzt werden: «Wir begrüßen, dass die Chris Sports AG unsere Sicherheitsmaßnahmen respektiert und diese bei der Veranstaltung im Rahmen des eigenen Hausrechts umsetzt, um den Schutz unserer Mitarbeiter zu gewährleisten.»

Wie weit kann Hausrecht gehen?

Unter deutschen Juristen ist derzeit umstritten, wie sehr das Hausrecht im öffentlich-rechtlich Rahmen die in Deutschland derzeit geltende Rechtslage mit sogenannten Basisschutzmassnahmen umgehen kann. Niko Härting, Rechtsanwalt und Professor für Wirtschaftsrecht in Berlin, stuft es im Interview mit Welt.de als klar rechtswidrig ein, wenn Behörden, Gerichte, Schulen oder Bibliotheken von Besuchern und Gästen das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verlangen. Der Verweis auf das Hausrecht sei hier nicht maßgeblich, so Härting weiter auf Welt.de.

Bei besagter Weiterbildung liegt jedoch kein öffentlich-rechtlicher Rahmen vor, hier gelten privatrechtliche Bestimmungen und gleichsam privatrechtliches Hausrecht. Hier dürfen umgangssprachlich gesprochen eher Maskenpflichten und Testerfordernisse verlangt werden, aber auch hier sind sich Juristen aus Deutschland nicht einig, wie sehr das Hausrecht die vom Bundestag erlassenen Basisschutzmassnahmen umgehen kann. Auf Anfrage von Ride teilt Härting mit, dass im Weiterbildungs-Fall mehr Details nötig wären. «Das ist wohl eine zivilrechtliche Frage, die sich nicht beantworten lässt, ohne das vertragliche Verhältnis der Beteiligten zu kennen», so Härting.

Zufriedene Teilnehmer

Marcel Boller, Präsident des Verbands der Schweizer Velolieferanten und hauptberuflich Rechtsanwalt in einer Kanzlei in Zürich, hat sich den Sachverhalt auch angeschaut: «Es ist schwierig, eine abschliessende Einschätzung vorzunehmen, da ein internationaler Sachverhalt vorliegt. Grundsätzlich muss eine Arbeitgeberin im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht die Gesundheit der Arbeitnehmenden auch auf einer Dienstreise schützen. Für eine deutsche Arbeitgeberin bedeutet dies, dass sie die Regeln des deutschen Arbeitsschutzrechts auch auf Arbeitnehmende anwenden muss, welche im Ausland an einem Meeting teilnehmen. Sofern das deutsche Arbeitsschutzrecht diese Vorgaben vorsieht, was ich nicht beurteilen kann, ist das Vorgehen aus meiner Sicht nicht problematisch.»

Hans Zihlmann, Manager Business Unit Hardgoods bei Chris Sports, zieht ein positives Feedback der Schulungen: «Die Stimmung an der Weiterbildung war super. Die Teilnehmer lernten extrem viel und wollten am Abend gar nicht nach Hause. Der Test am morgen war schnell erledigt. Die Maskenpflicht musste nur wenig umgesetzt werden, da wir fast immer genug Abstand halten konnten. Für uns hatte das Durchführen der Weiterbildung oberste Priorität und die Teilnehmer sagten uns, dass sie sehr froh waren, dass der Anlass stattfinden konnte.»