Schwalbe zieht die Schraube an
Im letzten Sommer begann Schwalbe, die seine hochwertigen Reifen mit einem Strichcode zu versehen. Damit kann nachvollzogen werden, über welche Kanäle jeder einzelne Velopneu bis zum Käufer gelangt. Laut Schwalbe dient diese Massnahme der Qualitätssicherung und der Markttransparenz. Man will damit verhindern, dass Reifen aus der Velo-Erstausrüstung zu Schleuderpreisen einzeln an Biker verkauft werden können.
Anzeige bei fehlendem Code
In diesen Tagen hat Schwalbe einen Pressetext veröffentlicht, in die Anwältin des Unternehmens über erste Konsequenzen berichtet. Demnach seien die ersten Reifen aufgetaucht, bei denen der EAN-Code entfernt wurde. Schwalbe lehnt in diesen Fällen wie angekündigt jede Gewährleistung und Garantie ab und erstattet Anzeige. Der Reifenhersteller sieht im Entfernen des eingearbeiteten Codes eine mutwillige Beschädigung des Reifens mit entsprechendem Sicherheitsrisiko und eine Verletzung der Markenrechte.
Busse bei Bildernutzung
Praktisch zeitgleich meldeten mehrere kleinere deutsche Onlineshop-Betreiber, dass sie von Schwalbe mit einer Rechnung über mehrere hundert Euro abgemahnt wurden. Der Grund dafür: Die Händer hatten offizielle Produktefotos von Schwalbe in ihrem Shop verwendet, was der Reifenhersteller als Urheberrechtsverletzung abstraft. Der Händler R2-Bike aus Dresden schreibt zudem, dass er wegen angeblicher Irreführung der Kunden von Schwalbe angegangen wurde. Er hatte die Reifen mit den selbst gewogenen Gewichten angeboten und nicht mit den offiziell von Schwalbe kommunizierten und oft deutlich tieferen Angaben.
Bei den betroffenen Händlern handelt es sich nicht nur um reine Onlineshops, sondern auch um grössere Fachgeschäfte, die parallel zu ihrem Ladengeschäft einen Onlineshop betreiben. Wie sie mehrfach in ihren Meldungen an die Öffentlichkeit andeuten, wittern sie hinter der Abmahnung eine Abstafung dafür, dass sie Schwalbe-Reifen unter dem empfohlenen Verkaufspreis angeboten hatten.
Boykott-Drohungen im Netz
Die Abmahnungswelle könnte für Schwalbe nicht zu dem erhofften Effekt der Markenpflege führen. Statt die Busse still hinzunehmen, veröffentlichten zahlreiche der abgemahnten Geschäfte den Fall und liessen ihrem Ärger darüber den Lauf. Dies hat zur Folge, dass die Abmahnungen auch bereits in der Online-Bikergemeinde heftig diskutiert wird. Im Forum MTB-News.de wurde ein Beitrag darüber innert 24 Stunden über 32'000 Mal gelesen und von knapp 300 Mal kommentiert. Die Reaktionen sind mehrheitlich negativ, viele Biker bekunden ihre Solidarität mit den Onlinehändlern und künden an, dass sie künftig auf Reifen von anderen Marken zurückgreifen würden.
Erinnerungen an Jack Wolfskin
Der Fall könnte sich für Schwalbe im ungünstigsten Fall ähnlich entwickeln wie Urheberrechts-Klagen von Jack Wolfskin. Im vergangenen Herbst hatte der Outdoor-Hersteller mehrere Kleinst-Hersteller abgemahnt, weil sie auf ihren Produkten ein Motiv verwendeten, das dem Tatzen-Logo von Jack Wolfskin ähnlich sah. Nach einer heftigen Protestwelle im in Foren und Blogs und Berichten in den Tagesmedien (z.B. der deutschen TAZ) zog Jack Wolfskin die Abmahnungen zurück. Zurück blieb ein immenser Image-Schaden für Jack Wolfskin.