Neff siegt wieder, Carod erstmals und Iles feiert historischen Downhill-Sieg
Die unglaubliche Fahrt des Titouan
Im Cross-Country-Rennen der Männer zeigt sich Andri Frischknecht gleich in der Startrunde vorne, doch fällt nach einem Sturz und Staufolge an einem Engpass zurück. Das Tempo macht fortan Titouan Carod. Der Franzose setzt sich bald ab und fährt mit gut 20 Sekunden Vorsprung vor einer fünfköpfigen Verfolgergruppe, zu der unter anderem der zweifache Weltcup-Sieger Luca Braidot und der Schweizer Filippo Colombo gehören. Nino Schurter kämpft sich derweil langsam in die Top-10, unweit dahinter sein Landsmann Marcel Guerrini.
Auf der glitschigen Strecke kämpfen die Verfolger mit Schwierigkeiten und behindern sich teileweise gegenseitig, während sich Carod offenbahr puddelwohl fühlt und die schwierigen Passagen souverän meistert. In Runde drei beginnt die Sechsköpfige Verfolgergruppe zu bröckeln, während dahinter sich eine neue mit Schurter bildet und langsam an die erste Gruppe ranrobbt. Die Verfolgung wird in Runde vier abermals kleiner, als dem Mexikaner Jose Ulloa das Pedal abfällt. Titouan Carod liegt derweil weit über eine Minute vor Braidot, Colombo und Schurter, dem Belgier Pierre De Froidemont und dem Spanier David Valero, die sich zu einer neuen Verfolgergruppe formieren.
Doch mit einem Näherkommen ist nichts. Carod geht mit über zwei Minuten Vorsprung in die letzte Runde. Dahinter beginnt jedoch der Kampf um Platz zwei. Erst Schurter, dann Valero und danach attackiert Colombo, Carods Team-Kollege, der am Ende hinter Titouan Carod den BMC-Erfolg perfekt macht. Für den Franzosen ist es der erste Weltcup-Sieg und auch für den Schweizer ist es das beste Weltcup-Resultat.
«Ich weiss nicht was ich sagen soll. Es war einfach ein super Tag, an dem die nassen Verhältnisse mir in die Hände spielten. Ich sagte in Snowshoe, dass ich hier gewinnen werde, war aber dessen nicht wirklich sicher. Ich wusste nur, dass ich in super Form bin und es möglich wäre. Diese Resultate geben mir grosse Zuversicht für die Weltmeisterschaften in Les Gets», sagt Titouan Carod. Sein Team-Kollege freut sich über Platz zwei und hat anerkennende Worte für Carod: «Zweiter hinter Titouan zu sein ist genial, mit ihm das Podest zu teilen ist einfach speziell. Er ist einfach der beste Abfahrer im Cross Country, weshalb ich ihn auch fahren liess.»
Im Kampf um den Anschluss an die Top-3 macht Nino Schurter einen Fahrfehler, der in zurückwirft und er sich im Kampf um die letzten Podiumsplätze wiederfindet. Dort reichen die Körner nicht mehr aus, und er muss sich gegen Braidot und De Froidemont geschlagen geben – wohlgemerkt ein respektables Resultat, wenn man bedenkt, dass er sich von seinem Sturz in Snowshoe noch nicht hundert Prozent erholt hat.
Ebenfalls eine persönliche Bestleistung zu feiern, hat Marcel Guerrini. Er liegt das ganze Rennen über um Position 13, steigert sich am Ende und belegt Platz neun. Nur wenig dahinter fährt Lars Forster auf Rang zwölf, Joel Roth wird 18.
Der langersehnte Sieg
Nach einem guten Start von Short-Track-Siegerin Jolanda Neff ist es Rebecca McConnell die das Tempo macht und das Feld bereits etwas verzerrt. Neff liegt leicht zurück, schliesst dann aber auf die zweite Runde zu Alessandra Keller, Haley Batten, Martina Berta und folglich auch zu McConnell auf und setzt sich sogleich an die Spitze. Wenig später setzt sich die Olympiasiegerin ab.
Bei trockenen Bedingungen gestartet, öffnet der Himmel gegen Ende der zweiten Runde die Schleusen und macht die technischen Passagen zu Mutproben. Während Neff bereits eine halbe Minute Vorsprung hat, liegt Keller wegen einem Sturz zurückfällt. Die Verfolgergruppe zerfällt allmählich und formiert sich stets in kleinen Gruppen neu.
Die Strecke wird zunehmend schwieriger zu meistern, und Jolanda Neff überlegt sich sogar in der Techzone anzuhalten, um auf Laufräder mit griffigeren Reifen zu wechseln. Kurz davor entscheidet sie sich aber dagegen und setzt auf eine vorsichtigere Fahrweise, wie sie später erklärt.
Nach einer Solofahrt über vier von fünf Runden gewinnt Jolanda Neff ihr erstes Weltcup-Rennen nach langer Zeit – mit einer Minute Vorsprung vor Mona Mitterwallner (AUT), die ihre Karrierebestleistung erzielt, und Haley Batten (USA).
«Es ist eine riesige Freude. Es ist fast vier Jahre her, seit ich das letzte Mal einen Weltcup gewann», sagt Jolanda Neff. «Ich konnte hier auf dieser schwierigen Strecke gegenüber den anderen überall etwas rausholen, mein eigenes Tempo fahren und das hat es ausgemacht.»
Mit Rang vier erreicht auch die Italienerin Martina Berta ihr bestes Weltcup-Resultat. Alessandra Keller erholte sich nach ihrem Sturz gut und kämpfte sich wieder zurück. Am Ende angelt sie sich mit einem breiten Grinsen den letzten Podiumsplatz. Steffi Häberlin, die dritte Schweizerin, belegt Rang 15.
Buri zum Zweiten
Im Rennen der U23-Frauen ist die Schweizerin Noëlle Buri erneut das Mass der Dinge. Bis in Runde zwei teilt sie sich die Führung mit Madigan Munro aus den USA, dann verabschiedet sich Buri. Sie dreht allein ihre Runden und holt auf der technisch anspruchsvollen Strecke von Mont Saint Anne ihren zweiten Weltcup-Sieg bei den U23.
Bei den U23-Männern demonstriert der Chilene Martin Vidaurre seine Stärke und verabschiedet sich bereits in der ersten vollen Runde nach vorne. Nach 1:08.31 Stunden gewinnt Vidaurre den achten Weltcup in Folge. Die Plätze zwei und drei belegen David Domingo Campos Motos (ESP) und Carter Woods (CAN). Der Schweizer Luke Wiedmann fährt auf Platz fünf.
Iles sorgt für kanadischen Freudentaumel
Am vorletzten Weltcup, dem Klassiker im kanadischen Mont Saint Anne holen Jolanda Neff und Filippo Colombo die Siege im Short Track. Im Downhill gewinnt der Kanadier Finn Iles seinen ersten Weltcup. Mit dem ersten kanadischen Sieg nach Steve Smith stürzt Iles seine Landsleute in Feierlaune. Bei den Frauen holt Valentina Höll ihren zweiten Saisonsieg.
Die Downhill-Strecke in Mont Saint Anne gehört zu den physisch und technisch härtesten der Welt. Bei Fahrzeiten über vier Minuten und fahrtechnischen Herausforderungen bis kurz vor dem Ziel ist ein langer Atem gefragt.
Bei den Männern wird die Zeit des Iren Ronan Dunne als erste Referenz gemessen. Doch der nachfolgende Brite Laurie Greenland liefert sogleich den Beleg, dass dies nicht so ist. Greenland geht mit über sieben Sekunden Vorsprung in Führung. Ob das noch aufzuholen ist, lässt sich nur damit erahnen, dass die letzten Fahrer meistens nochmals rankommen. Doch vorerst bleibt den nachfolgenden Fahrern das Nachsehen.
Erst Aaron Gwin (USA) kommt in die Nähe Greenlands, bleibt auf Position zwei aber trotzdem noch knapp sechs Sekunden dahinter. Der Österreicher Andreas Kolb scheint das nochmals aufzumischen und liegt bei den Zwischenzeiten nahe. Ein Plattfuss verhindert aber ein erneuter Podestplatz. Im zweiten Rennen nach seiner Verletzung kommt der Australier Troy Brosnan bei den Zwischenzeiten am nächsten, bleibt am Ende aber ebenfalls hinter Greenland, und auch Amaury Pierron sollte es nicht schaffen. Der Franzose ist wohl der gefährlichste Kandidat für den Sieg, wird sich aber am gefährlichsten. Pierron stürzt bei Halbzeit und kann den Gesamtweltcup nicht vorzeitig gewinnen.
Dafür scheint Weltmeister Greg Minnaar ernst zu machen, seinem Team-Kollegen die Bestzeit abzujagen. Er führt bald und baut bei jeder Zwischenzeit seinen Vorsprung aus – bis zu einer Sekunde. Doch auch kurz vor Ende des letzten Waldstücks gerät der Südafrikaner ausser Kontrolle und begräbt seine Siegeschancen in den Matten. Nun werden die kanadischen Fans nervös, denn ihr Landsmann Finn Iles steht als letzter Fahrer am Start. Der junge Kanadier fährt seine beste Saison, zum Sieg reichte es aber bisher nicht. Nun schaut es abermals gut aus, er führt bei allen Zwischenzeiten und baut bis und 0.5 Sekunden aus. Doch wo andere noch in die Pedale traten, bleiben Iles Füsse still – die Kette ist runter. Aufgeben ist trotzdem keine Option und so reichen ihm zwei Zehntelsekunden, um vor heimischem Publikum seinen ersten Weltcup-Sieg zu feiern.
Höll zum Zweiten – Balanche verletzt
Das Rennen der Frauen findet ohne die Weltcup-Führende Camille Balanche statt. Die Schweizerin stürzt im Training und bricht sich das Schlüsselbein. Laut eigenen Angaben sei der Bruch nicht kompliziert und das Weltcup-Finale in Val di Sole noch nicht vom Tisch sein, zumindest nicht auf dem Papier. Am Montag stehe die Operation an.
Im Rennen ist es die Italienerin Eleonora Farina, die 5:00.522 Minuten die deutliche Bestzeit setzt. Doch diese ist bereits wieder am Wackeln, als sich Weltmeisterin Myriam Nicole den Berg runterstürzt. Allerdings ist Farinas Zeit nur bis Streckenhälfte in Gefahr, als die Französin einen Plattfuss einfährt. Sollte Balanche in Val di Sole zurückkehren, ist damit auch die Verteidigung der Weltcup-Führung noch möglich.
Es ist dann die Deutsche Nina Hoffmann, die Farina Bestzeit unterbietet. Doch auch Hoffmanns Bestzeit sollte nicht halten, denn die Qualischnellste Valentina Höll liegt bei jeder Zwischenzeit vorne und holt sich ihren zweiten Saisonsieg mit über drei Sekunden Vorsprung. Damit rutscht sie im Gesamtklassement an Myriam Nicole vorbei auf Platz zwei, knapp 120 Punkte hinter Balanche.