MTB-Reisebranche: Zuversicht trotz massivem Umsatzeinbruch | Ride MTB

MTB-Reisebranche: Zuversicht trotz massivem Umsatzeinbruch

Die internationale Reisebranche ist momentan faktisch stillgelegt. Flugzeuge bleiben am Boden, Hotels bleiben geschlossen, Landesgrenzen sind dicht. Das trifft auch die Veranstalter von Mountainbike-Reisen mitten ins Mark. Doch statt Trübsal zu blasen versprühen sie trotz erheblichem Umsatzeinbruch überraschenderweise Zuversicht.

Die Arbeit geht den Reiseveranstaltern zur Zeit nicht aus obschon keine Buchungen reinkommen und auch keine Reisen durchgeführt werden. Die Arbeitszeit geht seit den Restriktionen durch die Corona-Pandemie gänzlich auf das Konto der Abwicklung der Umbuchungen und Stornierungen. Besonders hart trifft es dabei Stationen im Süden, wo nun die wichtigste Umsatzperiode des Jahres anstehen würde. «Der Lockdown kam genau ein Tag bevor wir die Station in Giverola eröffnen wollten», sagt Martin Rhyner von BikeHoliday. Man hoffe, die Station an der Costa Brava per Ende Mai doch noch zu öffnen und die Frühlingssaison etwas zu verlängern. Im Herbst wolle man für einmal schon Anfang September starten. Härter trifft es die BikeHoliday-Station auf Sardinien, welche dieses Jahr voraussichtlich gar nicht öffnet.

Mit ähnlichen Aufgaben ist man bei Abenteuerreisen.ch beschäftigt. «Wir mussten alle unsere Teams vom abgesagten Cape-Epic aus Südafrika repatriieren», erklären Martin Bissig und Michel Juhasz. Aber immerhin konnten sie alle Teams ohne Kostenfolge umbuchen und die Startplätze fürs Rennen im Jahr 2021 anbieten. Fürs ganze Jahr erwarten sie einen Umsatzrückgang von mindestens 20 Prozent. Absagen von Reisen beschäftigt auch Christian Keller von Mountainbikereisen.ch. «Unser Geschäftsgang war die letzten Jahre zum Glück sehr gut. Wir haben in den Boom-Jahren genügend Reserven zurückstellen können, dass wir diese Krise zumindest finanziell wegstecken können», erklärt er.

Während grössere Reiseunternehmen die Situation durch ihre Strukturen einigermassen auffangen können, geht der Lockdown für Einzelunternehmen an die Substanz. Einer von ihnen ist Lukas Stöckli. «Die Situation ist heftig, da ich fast meinen gesamten Lohn von April bis September erwirtschafte», erläutert er seine Situation. Die Situation treffe ihn wirtschaftlich mit voller Wucht. Kombiniert mit der Ungewissheit über die Dauer dieser Situation, sei die Lage sehr nervenaufreibend. Er vermisse aber vor allem auch das Guiden und die Bike-Erlebnisse mit seinen Gästen.

Aussergewöhnlich hohe Kunden-Loyalität

Den Reiseveranstalter gemeinsam ist eine ausgesprochen hohe Loyalität der Kunden. So sei bei Abenteuerreisen.ch noch keine einzige Annullation einer Mountainbike-Reise eingegangen. Geradezu barmherzige Treue zeigen die Kunden von Lukas Stöckli, die kurzerhand eine Spendenaktion gestartet haben, damit Stöckli die Situation wenigstens finanziell meistern kann. Es berühre ihn ausserordentlich, dass so viele Leute zu ihm stehen. «Einer meine Stammgäste meinte gar: Luki, du bist für mich systemrelevant.»

Es ist insbesondere diese Solidarität, welche die Reiseunternehmen zuversichtlich stimmt. «Der Lockdown und das Corona-Virus im Allgemeinen hat uns im ersten Moment geschockt. Aber dank unserem genialen Team und den Guides werden wir die Situation überstehen und freuen uns auf die coole Zeit nach Corona», meint Martin Rhyner von BikeHolidays. Bei Abenteuerreisen.ch bläst man ins gleiche Horn: «Wir sind ein inhabergeführtes Kleinunternehmen und lassen uns unsere Passion ob dem Lockdown nicht nehmen. Wir nutzen die Zeit und machen mit unseren Partnern auf der ganzen Welt unsere Abenteuerreisen noch besser.»

Respektvollerer Umgang mit dem wertvollen Gut Reisen

Nachdenklichere Töne schlägt Christian Keller von Mountainbikereisen.ch an, wenn es um die Zukunft geht. Reisen sei schon länger wegen der Klimadiskussion unter Druck. Jetzt komme Corona noch dazu. Es werde vermutlich Jahre brauchen, um sich davon zu erholen. «Vielleicht ist ein wenig Demut und ein respektvollerer Umgang mit dem wertvollen Gut Reisen aber gar nicht so schlecht.» In anderen Worten: Die Zukunft wird gut aber möglicherweise ganz anders, als wir uns das bis vor Kurzem noch vorgestellt haben.