Gurten-Trail endet im Scherbenhaufen | Ride MTB

Gurten-Trail endet im Scherbenhaufen

Schlechte Nachrichten für den Bikesport vom Berner Hausberg Gurten: Die geplante Downhill-Strecke ist nicht zustande gekommen, das gesamte Projekt wurde auf Eis gelegt. Dem nicht genug: Die Initianten wurden von den Landbesitzern angezeigt und müssen gemäss Behörden am Gurten wieder den Originalzustand herstellen.

Ride gibt in diesem Zusammenhang den Wortlaut des Berner Bund wieder. Der am 3. Oktober erschienene Artikel gibt die Lage am Gurten gut und umfassend wieder:

Bruchlandung am Gurten
Die Bemühungen, für eine illegal am Gurten erstellte Bike-Piste eine Bewilligung zu erlangen, sind fehlgeschlagen.

Ein zu diesem Zweck gegründeter Verein hat aufgegeben. Experten aus Forst- und Jagdkreisen waren sich zwar einig, dass eine Kanalisierung der Biker vorteilhaft wäre, jedoch der Widerstand einiger Waldbesitzer und ein kompliziertes Bewilligungsverfahren brachten das Projekt zu Fall. Mit einer offiziellen Downhill-Piste hätte Bern in der Schweiz eine Pionierrolle gespielt.

Die Bike-Piste wird nicht legal
Die «Bear Riders», der Verein, der sich gebildet hat, um eine illegal erstellte Downhill-Piste am Gurten offiziell bewilligen zu lassen, sind gescheitert. Das Projekt habe sich als zu kompliziert und zu zeitaufwändig herausgestellt, begründen die Biker ihren Rückzug.

Scheinbar mühelos springen die Biker auf der Downhillpiste am Gurten vom Schanzentisch, überfliegen einen tiefen Graben und landen danach sicher auf der Rampe gegenüber. Um die bürokratischen Hürden auf dem Weg zur Legalisierung der Abfahrtsstrecke zu überspringen, haben ihre Flugkünste aber nicht ausgereicht: «Aus heutiger Sicht müssen wir eingestehen, dass das Verfahren die Kapazitäten unseres Vereins bei weitem übersteigt. Aus diesem Grund ziehen wir uns vom Versuch zurück, für eine Bike-Strecke am Gurten eine Bau- und Betriebsbewilligung zu erhalten», schrieben die «Bear Riders» Ende September ans Könizer Bauinspektorat.

«Wir hatten viel zu lernen im Umgang mit den Behörden. Daneben mussten wir einen funktionierenden Verein auf die Beine stellen, die Zeit wurde immer knapper, und dann haben wir auch noch peinliche Fehler gemacht», erklärt Samuel Hubschmid von den «Bear Riders».

In geordnete Bahnen lenken
Der Verein wurde im letzten Winter gegründet, um das wilde Biken am Berner Hausberg in geordnete Bahnen zu lenken und die von Einzelpersonen ohne Bewilligung gebaute Piste von der Bergstation der Gurtenbahn in Richtung Wabern in Absprache mit Behörden und Waldbesitzern zum offiziellen Bike-Trail zu machen. Anfänglich stiessen die jungen Downhiller auf offene Ohren. «Besser, sie sausen konzentriert an einer Stelle und nicht überall durch den Wald zu Tal», waren sich Jagd- und Forstkreise einig. Vor einem Jahr wurde gemeinsam eine neue Linienführung für die Piste ausgehandelt. Eine Einigung schien in Griffweite. Was fehlte, war nur die Zustimmung einiger privater Waldbesitzer.

Trotzdem gab es bald Probleme. Einerseits verärgerten die Initianten die Landbesitzer, indem sie diese zu einem Treffen einluden und den Termin vergassen, andererseits fühlten sich die Besitzer auch vor den Kopf gestossen, weil immer mehr Biker aus der ganzen Schweiz die noch unbewilligte Piste benützten. Und schliesslich erwies sich auch die rechtliche Lage als weit komplizierter als ursprünglich angenommen. Für den Betrieb der Strecke ist nämlich nicht nur die Bewilligung von Jagdinspektorat, Forstbehörde und Waldeigentümern, sondern auch eine Baubewilligung samt Ausnahmegenehmigungen für «nichtforstliche Kleinbauten im Wald» nötig. «Anfangs war ich optimistischer, doch jetzt ist mir selbst nicht mehr klar, unter welchen Bedingungen eine solche Anlage überhaupt bewilligungsfähig wäre», sagt Conradin Mohr, Leiter der Waldabteilung 5 im kantonalen Amt für Wald. Immer deutlicher sei ihm bewusst geworden, dass die Bewilligung ein wichtiger Präzedenzfall gewesen wäre. Eine klare Grundvoraussetzung sei das Einverständnis aller Grundeigentümer. Das Waldgesetz sehe Bike-Pisten zwar ausdrücklich vor, doch selbst wenn die Bewilligung der Eigentümer am Gurten vorgelegen hätte, so Mohr, «hätten wir das Baugesuch mit grosser Sorgfalt prüfen müssen».

Bern doch nicht als Vorbild
Mit einer offiziellen Bike-Strecke hätte Bern tatsächlich eine Pionierrolle gespielt. «Wir haben die Entwicklung gespannt verfolgt, denn Bern wäre der Prototyp dafür gewesen, wie das Biken in stadtnahen Gebieten organisiert werden kann», sagt Thomas Giger von der IG Mountainbike, welche die Biker-Interessen gesamtschweizerisch vertritt. Giger berichtet von grossen Problemen bei anderen Städten. «Vor allem am Üetliberg herrscht das Chaos. Wild werden überall Trails gebaut, und ich fürchte, dass man dort bald vor einem grossen Scherbenhaufen steht», sagt er. Ein Scherbenhaufen droht nun auch am Gurten. «Klar ist noch nichts, ich gehe aber davon aus, dass die Strecke rückgebaut werden muss», sagt Conradin Mohr. Wer sie gebaut hat und somit die Kosten für den Abbruch übernehmen müsste, ist aber unbekannt. Die «Bear Riders» erklären sich für nicht zuständig.

Verbot kaum durchzusetzen
Die zentrale Frage sei allerdings, wie sichergestellt werden könne, dass auf der heutigen Strecke auch wirklich nicht mehr gefahren werde, meint Mohr. Ein Bike-Verbot am Gurten durchzusetzen, wird jedenfalls schwierig. «Deshalb bin ich nach wie vor der Meinung, dass die Legalisierung einer Piste das Beste wäre», sagt Franz Weibel, Oberförster der Burgergemeinde Bern, der grössten Waldbesitzerin am Gurten. Diese Ansicht teilt auch Andreas Grimm, technischer Leiter der Gurtenbahn. «Wir haben die Piste begrüsst, weil so die Fussgängerinnen und Fussgänger weniger behelligt wurden», meint er. Die Biker mit ihren je nach Wetter extrem schmutzigen Bikes hätten der Gurtenbahn zwar Mehrarbeit, dafür auch deutliche Mehrfrequenzen gebracht. Anhand der zusätzlich verkauften Mehrfahrtenkarten für Velos schätzt Grimm, in letzter Zeit hätten sich monatlich um die 2000 Biker auf den Gurten fahren lassen. Dass sich Grimms und Weibels Argumente dereinst doch noch durchsetzen, hoffen die «Bear Riders» weiterhin. «Falls etwa die Migros oder die Gurtenbahn die Sache in die Hand nähmen, dann würden wir unsere Hilfe anbieten», sagt Hubschmid.

Autor: Urs Hugentobler