Der Thurgau hat 20 Jahre Mountainbikesport verschlafen und nichts gelernt | Ride MTB

Der Thurgau hat 20 Jahre Mountainbikesport verschlafen und nichts gelernt

Im Kanton Thurgau rücken die Mountainbiker in den Fokus, der Regierungsrat hat ein entsprechendes Konzept in Auftrag gegeben. Die Situation legt nun aber gnadenlos offen, wie rückständig der Ostschweizer Kanton in dieser Frage ist.

Für Ende November ist ein «Bedürfnis-Workshop» angesagt. Die Ausschreibung zeigt, aus welcher Richtung der Wind im Thurgau weht. Die Mountainbiker führen zu «vermehrten Konflikten mit Wandernden, Waldbesuchenden, Jagd und Wildtieren sowie der Forst- und Landwirtschaft.» Und gegenüber Radio SRF legt Peter Imbach des kantonalen Tiefbauamts nach: «Und jetzt hats da plötzlich viele Velos und das führt über kurz oder lange zu Konflikten.» Kurzum: Mountainbiker sind ein Problem, das es zu lösen gilt.

Thurgau beginnt bei Null

Durch das neue nationale Velogesetz wird der Kanton Thurgau gezwungen, sich den Mountainbikern ernsthaft anzunehmen. Deshalb hat der Regierungsrat das Entwicklungskonzept in Auftrag gegeben, das mit besagtem Workshop seinen Anfang nehmen soll. Die Ausschreibung zeigt, dass man im Thurgau offensichtlich bei Null beginnt. Es sollen Bedürfnisse der verschiedenen Zielgruppen zum Thema Mountainbike ermittelt, relevante Fragestellungen aufgedeckt, laufende Projekte erfasst, Entwicklungspotenziale, sowie Problemzonen beleuchtet werden. Imbach präzisiert gegenüber SRF: «Braucht es Mountainbike-Anlagen, brauchts Trail, brauchts Pumptrack oder eben auch Routen?»

Wer sich solche Fragen stellt, hat die letzten zwanzig Mountainbike-Jahre gänzlich verschlafen. In der Schweiz gibt es zu Hauf Erfahrungswerte, Spezialisten, Konzepte, Analysen und Fachartikel zu Mountainbike-Fragen. Und der Kanton Thurgau will nun erst einmal die eigene Bevölkerung konsultieren, was sie denn gerne möchte? Das haben viele fortschrittliche Regionen vor Jahren getan weil sie keine anderen Grundlagen hatten. Aber die Zeiten haben sich geändert, offensichtlich nicht im Thurgau. Wer sich heute noch fragt, ob es für Mountainbiker Trails braucht, der hat sich mit der Sportart noch nie ernsthaft auseinandergesetzt. Und für die Behandlung solcher Fragestellungen einen Workshop ins Leben zu rufen, grenzt in der heutigen Zeit fast schon an eine Peinlichkeit.

Chance für die Überholspur

Es ist aber löblich, dass der Kanton Thurgau nun (gezwungenermassen) im Mountainbikesport vorwärts machen will. Er hätte die Chance, aus den Erfahrungen anderer Regionen zu lernen und nicht deren ganze Ochsentour des «Trial and Error» nochmals durchzumachen. Die Zeichen deuten allerdings eher auf letzteres hin. Die Voten aus dem Thurgau wirken eher wie eine Zeitmaschine. Dabei wäre die Überholspur für ein nachhaltiges Angebot frei. Es wäre eine grosse Chance für den Kanton Thurgau. Wer sich heute aber fragt, ob Mountainbiker Trails wollen und gleichzeitig das Konfliktelement in den Mittelpunkt stellt, hat sich die Optionen bereits von Beginn weg vergeben.
 

Aktueller Radiobericht auf SRF:

 

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