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Der Mountainbikesport ist keine verseuchte Subkultur

Die Causa Mathias Flückiger hat jene Schwarzmaler laut werden lassen, die den gesamten Radsport mitsamt den Mountainbikern als dopingverseuchte Subkultur brandmarken. Das dürfe man so nicht unwidersprochen stehen lassen, meint Thomas Giger in seinem Blog-Beitrag.

Die positive A-Probe von Mathias Flückiger hat die immer wiederkehrende Frage zurück ins Rampenlicht geholt, wie sauber die Mountainbiker an der Weltspitze sind. Während Russland Staatsdoping vorgeworfen wird, in der Leichtathletik Medikamentenmissbrauch offensichtlich zum normalen Trainingsalltag gehört, Langläufer sich mit obskuren Ausreden aus der Schlinge zu ziehen versuchen und den Strassenradfahrern ihr schlechter Ruf nicht von Ungefähr vorauseilt, da blieben die Mountainbiker stets aussen vor. Es gab in der Vergangenheit zwar Dopingfälle, in der Regel waren es Einzelfälle. Und in den letzten Jahren fehlten dem Mountainbikesport fast gänzlich die negativen Schlagzeilen. Bis am 18. August 2022. Mit Flückiger ist nicht irgendwer ins Kreuzfeuer geraten, sondern der letztjährige Gesamtweltcupsieger und einer der Topanwärter auf den Weltmeistertitel. Das macht die Sache brisant.

Es fehlt das Geld

Es kommt aber nicht von Ungefähr, dass wir über viele Jahre hinweg keinen Dopingskandale auswiesen. Ich bin überzeugt, dass Mountainbiker tatsächlich sauberer sind als andere Sportler. Der Grund ist das liebe Geld. Solange ein Mountainbiker nach einem Weltcupsieg mit gerade mal 3750 Euro Preisgeld in der Tasche nach Hause fährt, solange lohnt sich Doping für ihn nicht. Doping ist teuer und riskant, also stehen Aufwand und Ertrag schlicht in keinem Verhältnis. Ich mag jedem Sportler ein höheres Einkommen gönnen. Verdient hat er es, keine Frage. Doch sobald sich die Spirale aus Preisgeld, TV-Präsenz und Sponsorengelder nach oben zu drehen beginnt, dann kommt Doping irgendwann unweigerlich ins Spiel. Weil es sich dann lohnt.

Gefährlich wird es für den Mountainbikesport, wenn sich Nationen profilieren möchten. Wenn das Geld nicht von Sponsoren sondern aus der Staatsschatulle kommt. Man mag sich an die Chinesinnen erinnern, die vor den Olympischen Spielen in Peking im Rennzirkus auftauchten, die Weltspitze zeitweise dominierten und im Nachgang zu den Spielen nie wieder gesehen wurden. Es wurde ihnen zwar nie etwas nachgewiesen, der fahle Nachgeschmack bleibt aber bis heute.

Passion macht ehrlich

Es gibt einen weiteren Grund, warum die Mountainbiker weniger in die Dopingfalle tappen: Sie haben ihre Sportart in den Herzen. Während viele Strassenprofis nach ihrer Karriere nie wieder auf ein Rennrad steigen, Schwimmer nie mehr ins Becken tauchen, Leichtathleten keine Kugel mehr in den Sand stossen, da bleiben weitgehend alle Mountainbiker ihrer Sportart treu. Für sie ist Mountainbiken mehr als ein Beruf, es ist eine Passion. Eine Passion, die ihnen wichtig ist. Und was einem wichtig ist, das betrügt man nicht. Das gilt übrigens auch für Mathias Flückiger: Nur wenige Mountainbiker haben so viel Herzblut und Passion in die Sportart gesteckt wie er. Und das seit Jahren. Doping wäre in seinem Fall gewissermassen ein Verrat an sich selbst.

Deshalb muss man jetzt den lautstarken Pessimisten und Schwarzmalern entgegen treten. Unabhängig davon, ob Flückiger tatsächlich gedopt hat oder nicht, er wäre über die Jahre hinweg gesehen ein Einzelfall. Es waren über das letzte Jahrzehnt keine Handvoll Spitzen-Mountainbiker, die positiv getestet wurden. Von einer verseuchten Sportart kann keine Rede sein. Ich bin unvermindert überzeugt, dass Mountainbiker tatsächlich sauberer sind als andere Sportler. Denn die Mischung aus wenig Geld und viel Passion ist eine gute Impfung.

 

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