Der Enduro-Rennsport hat die ersten prominenten Dopingfälle | Ride MTB

Der Enduro-Rennsport hat die ersten prominenten Dopingfälle

Beim dritten Rennen der Enduro-World-Series im französischen Olargues wurden mindestens zwei von neun Athleten positiv getestet. Gegenüber des Online-Magazins Pinkbike bekennen sich die vormaligen Seriensieger Jared Graves und Richie Rude positiv getestet worden zu sein. Damit hat die junge Disziplin ihre ersten prominenten Dopingfälle inklusive der immer wiederkehrenden Ausrede.

Rennen wie diejenigen der Enduro-World-Series verlangen den Teilnehmern sehr viel ab. Schnellkraft, Ausdauer und Konzentration sind gleichermassen gefordert, und das bei einer Gesamtdauer zwischen sechs und acht Stunden. Dass auch in diesem Sport einige Athleten nicht fair spielen und medizinisch nachhelfen, liegt nicht sehr fern. Vor allem nicht, wenn Dopingkontrollen im Enduro-Rennsport noch Mangelware sind.
 
Beim dritten Rennen der Enduro-World-Series im französischen Olargues am 13. Mai 2018 rückte die französische Anti Doping Agentur AFDL auf den Plan. Insgesamt wurden neun Athleten kontrolliert, und später gingen Gerüchte herum, dass mindestens zwei Fahrer daraus positiv getestet wurden. Dabei kursierten prominente Namen, hervorgerufen durch Bilder die auf dem Online-Magazin Pinkbike die Fahrer zeigten, die in Olargues zur Urinprobe gebeten wurden.
 
Wohl, um die Gerüchte nicht weiter zu schüren, gestehen nun die beiden World-Series-Gesamtsieger Jared Graves und Richie Rude, ebenfalls gegenüber Pinkbike, dass sie positiv auf die Substanzen Higenamin und Oxilofrin getestet wurden. Die offizielle Bekanntgabe durch die AFDL stehe aber noch aus.
Die beiden verzichten auf die Öffnung der B-Probe, was so viel bedeutet, dass sie das Testergebnis akzeptieren. Aber sie beteuern, dass sie die Substanzen versehentlich, also unwissentlich aufgenommen hätten.
 

Die verbotenen Stoffe

Higenamin wird zur Behandlung von Asthma eingesetzt und ist ebenfalls Teil der Beta2-Agonistenklasse von Medikamenten. Wie alle Beta2-Substanzen ist sie von der WADA (World Anti Doping Agency) wie im Training als auch im Wettkampf verboten. Es entspannt die Muskeln, welche die Atemwege kontrollieren und lässt die Lunge mehr Sauerstoff aufnehmen was somit einer Leistungssteigerung gleichkommt. Higenamin wird auch als Fettverbrenner in Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt.
 
Oxilofrin ist ein Stimulans und Amphetamin, das dafür bekannt ist, den Fokus und die Aufmerksamkeit zu verbessern. Es kann die Reaktionszeit verkürzen, indem es den Körper vorgibt, mehr Adrenalin zu produzieren. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, die Ausdauer zu steigern, die Sauerstoffversorgung des Blutes zu erhöhen und Fett zu verbrennen. Diese Substanz ist während des Wettkampfes verboten.
 
Beide sind «spezifizierte Stoffe», eine Unterkategorie von verbotenen Stoffen, die nicht unbedingt weniger wirksam sind, aber durch eine plausible Erklärung die Möglichkeit einer Strafminderung offen lassen. Die WADA sagt, dass spezifizierte Stoffe eingeführt wurden, um «zu erkennen, dass es möglich ist, dass eine Substanz versehentlich in den Körper eines Athleten gelangt», und einem Gericht daher mehr Flexibilität bei einer Sanktionsentscheidung gibt.
 

«Unwissentlich» – ein Klassiker

Die Entschuldigung, es sei eine versehentliche Einnahme gewesen, ist ein alter Klassiker: Angefangen mit Dieter Baumanns Zahnpasta-Affäre und abermals von anderen erwischten Sportlern wiedergegeben.
 
Da praktisch alle Veranstalter der Enduro-World-Series-Rennen bei den entsprechenden Landesverbänden ihre Kalendergebühren entrichten, gilt jeweils auch das Reglement der UCI. Dazu kommt, dass sich die Fahrer mit dem Kauf der Rennlizenz zum sauberen Sport verpflichten, und das gilt somit auch für den Enduro-Rennsport. Weiter auch, dass sie jederzeit kontrolliert werden dürfen.
 
Auch ein «versehentlich» gibt es somit kaum. Egal welche Nahrungsergänzung oder Hustentablette ein Athlet einnimmt, er ist selber dafür verantwortlich zu überprüfen, dass es saubere Ware ist. Verunreinigungen sind eher selten und müssten wenn, auch bewiesen werden können. Das hingegen dürfte ebenfalls nicht leicht sein.
 

Offenes Urteil

Lange dürfte es nicht mehr dauern, bis das Urteil verkündet wird. Das Strafmass wird von der AFDL und WADA als Empfehlung ausgesprochen und von den Verbänden umgesetzt. Man vermutet, innerhalb der Enduro-World-Series-Organisation könnte es zu einer eigenen Interpretation kommen und der Ausschluss aus der Serie länger ausfallen als gefordert.
 
Eine Sperre wäre für Jared Graves weniger gravierend, da er im kommenden Jahr keine Rennen bestreiten wird. Beim Australier wurde diesen Spätsommer Krebs diagnostiziert, und seitdem ist er in Behandlung. Für Richie Rude hingegen dürften die Konsequenzen weitaus grösser sein. Der zweifache World-Series-Gesamtsieger will auch im Jahr 2019 zum Titelrennen antreten.

Wie das Urteil ausfällt, darüber berichten wir nach dessen Veröffentlichung.
 

Mehr Dopingkontrollen im 2019

Im Jahr 2019 wird die Enduro-World-Series offiziell der UCI angeschlossen. Und genau hier soll dieser Zusammenschluss auch helfen. So verspricht man sich Seitens der Serie, dass es automatisch mehr Kontrollen seitens der UCI geben wird, und das dürfte auch die meisten Fahrer freuen, die seit Jahren regelmässige Kontrollen fordern.
 

Doping im Enduro 2018 – Graves und Rude positiv in Olargues

Haben Jared Graves und Richie Rude nun wirklich unwissentlich gedopt? Die wahre Antwort kennen nur die beiden – leider. Foto ©Duncan Philpott / Enduro World Series