Darco Cazin: der König der Flowtrails? | Ride MTB

Darco Cazin: der König der Flowtrails?

Die meisten Mountainbiker kennen Darco Cazin nicht persönlich, haben aber einen direkten Bezug zu ihm. Er entwickelt mit seiner Firma «Allegra Tourismus» Mountainbike-Regionen und erklärt diesen, welche Trails sie brauchen. Er hat die alpine Mountainbike-Welt geprägt wie nur wenig andere und gilt als einer der geistigen Väter der Flow-Trails – so trägt die Trail-Infrastruktur des Oberengadins und Söldens seine Handschrift. Doch Cazin kann mehr als Flow-Trails.

Vor 16 Jahren hat Cazin zusammen mit seinem Vater Fadri die Beratungsfirma «Allegra Tourismus» gegründet und mit dem Aufbau von Livigno als Mountainbike-Region ein erstes Meisterstück abgeliefert, das später mit dem Projekt «Alta Rezia» seine Fortsetzung fand. Und für einmal war da nicht einer, der seine Passion zum Beruf gemacht hat. «Meine Faszination damals bestand eher am Markt als an der Sportart», sagt er gegenüber Ride im Interview. Ein gewisser Holger Meyer habe ihm dann die spielerischen Seiten der Sportart näher gebracht und ihn motiviert, die Sportart selber zu betreiben. «Ich habe demnach nicht das Hobby zum Beruf gemacht, sondern umgekehrt», ergänzt er.

Jahre später ist Darco Cazin eine der einflussreichsten Personen im Mountainbike-Tourismus. Mittlerweile gibt es kaum noch einen Medienbericht zum Mountainbike-Tourismus, kein Podiumsgespräch, keine Fachveranstaltung, wo sein Votum nicht gefragt ist. Dabei ist der Bündner eher ein Mann der leisen Töne. Einer, der seine Worte dezidiert und bewusst wählt. Einer, der im Hintergrund Konzepte erarbeitet, Richtpläne entwickelt oder Infrastruktur plant. Dass der Mountainbike-Tourismus längst keine kleine Nummer mehr ist, zeigt sich wiederum an der Mitarbeiterzahl von «Allegra Tourismus»: Aus der einstigen Mikrofirma ist mittlerweile eine Unternehmung mit 30 Mitarbeitern geworden – Tendenz steigend.

Im Gespräch mit Ride in der aktuellen September-Ausgabe äussert er sich pointiert. Eine der Gefahren für den Mountainbikesport sieht er in schlechten Projekten, die mangelhaft konzipiert sind und umgesetzt werden. «Diese funktionieren nicht und liefern in der Folge den vermeintlichen Beweis, dass die Mountainbiker keine relevante Gästegruppe sind.» Klare Worte kommen von ihm auch gegenüber der alpinen Landwirtschaft, wo ein Umdenken nötig sei. Denn Mountainbiken fände heute auf der Komprimisslinie statt. Und dies bedeute noch immer sehr häufig, dass unter dem Strich der Mountainbiker nachgeben muss. «In Zukunft wird er sich aber auf Augenhöhe mit der Land- oder Forstwirtschaft befinden, und der Kompromiss wird nicht immer zu Ungunsten des Mountainbikers ausfallen.»

Das Interview in der aktuellen Ausgabe von Ride gibt einen interessanten Einblick in die Denkmuster eines Destinationsentwicklers. Cazin nimmt dabei auch Stellung zum Hype mit den Flow-Trails, zu dem er wesentlich beigetragen hat. Flowtrails und sehr einfache Trails seien nötig, um mehr Leute an die Sportart heranzuführen. «In der Schweiz haben wir zehntausende Kilometer Wanderwege, die mit dem Mountainbike befahren werden können, die aber technisch anspruchsvoll sind. Dem gegenüber stehen ein paar wenige Kilometer Flowtrails». Es sei wie so oft immer eine Frage der Perspektive.
 

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