BMC Agonist – Präsentation und Fahrbericht der Waffe für «zwischendrin» | Ride MTB

BMC Agonist – Präsentation und Fahrbericht der Waffe für «zwischendrin»

Mit dem Agonist füllt BMC die ohnehin schon kleine Lücke im Portfolio zwischen dem Fourstroke mit 100 Millimeter und dem Speedfox mit 120 und 130 Millimeter Federweg. Das Agonist mit seinen 110 Millimetern Hub siedelt BMC im erweiterten Marathon-Bereich an. Lohnt sich dieser Schritt und wenn ja, was kann der Lückenfüller?

Im Wissen wie sich die beiden Modelle «Fourstroke» und «Speedfox» anfühlen, ist die Frage, weshalb BMC noch ein Modell dazwischen drückt, durchaus berechtigt. Doch diese mit einem Marketing-Satz zu beantworten, wäre nun wirklich zu einfach. Eine Testfahrt mit dem Agonist im und um den vielseitigen Bikepark in Verbier dürfte die Antwort liefern.
 

Ein grober Überblick

Das Agonist kommt in drei Modellvarianten, als 01 One, 02 One und 02 Two, alle auf 29-Zoll-Laufräder und mit Carbon-Hauptrahmen. Aber nur der Hinterbau des Topmodells kommt ebenfalls im edlen Faserkleid, während die der unteren zwei Ausführungen aus hochwertigem Aluminium gefertigt sind. Die Rahmen verfügen über durchgehend interne Zugverlegungen und auch die Ansteuerung des Dämpfers (Lockout) ist komplett in den Rahmen integriert. Das Bike kommt also sehr schnörkellos und besticht mit attraktiven Rohrformen und feiner Verarbeitung. Auch vorgeformte Schlagschützer halten Lack und Material an Kettenstreben und Unterrohr «gesund», und ein Mudflap schützt die Lager und das Link des virtuellen Hauptdrehpunkts vor der Dreckbefeuerung durch das Hinterrad.
 
Ausgestattet ist das Topmodell mit Srams XX1-Eagle-Schaltgruppe und den Ultimate-Stoppern aus gleichem Hause. Das Fahrwerk kommt von Fox: Hinten arbeitet ein Float-DPS-Factory-Dämpfer der vom Lenker aus angesteuert wird. Vorne verrichtet eine Float-32-Factory-Gabel mit FIT4-Dämpfung die Schlagabsorbierung. Wie der Hinterbau bietet auch sie 110 Millimeter Hub. Die 1501-XR-Spline-One-Laufräder kommen aus BMC’s Nachbarschaft, von DT Swiss. Sie sind mit Vittorias Barzo-Reifen bezogen, die einen ganz schön bissigen Eindruck machen.
 
Cockpit und Sattelstütze kommen von BMC selbst, und bei Letzterer stellt sich die Frage, wieso nicht gleich eine Variosattelstütze? Zumindest in der 1x12-Ausführung wäre eine solche mit integriertem Kabelzug oder Leitung möglich. Bei den 2fach-Versionen allerdings nicht, da der Multiport am Sattelrohr für die Umwerfermontage gebraucht wird. Die Modelle 02 One und 02 Two kommen mit SLX- respektive Deore-Schaltungen von Shimano und verfügen beide über ein Fox-Performance-Fahrwerk.
Die Agonist-Modelle sprechen vor allem Marathonfahrer an die gerne auch knackige Touren fahren und dabei etwas Komfort suchen.
 

Erst der Anstieg, dann das Vergnügen

Klassisch beginnt die Testrunde mit einem ersten Anstieg auf Asphalt. Der Twentyniner rollt erwartungsgemäss gut. Auch die Kraft kommt, dank der sportlichen Sitzposition, sehr gut auf die Pedale. Überzeugend sind hier auch die sehr geringen Antriebseinflüsse auf den Hinterbau. Selbst bei Trittfrequenzen über 80 Umdrehungen beginnt der Dämpfer nicht zu schaukeln und auch im Wiegetritt bleibt das Wippen mehrheitlich aus. Im Firm-Modus ist es ganz zu unterbinden. Was dabei aber auffällt ist, dass der Carbon-Rahmen gerade im Tretlagerbereich sehr steif ist. Aber auch die Drehpunkte zum Hinterbau geben erstaunlich wenig nach.
 
Steile Anstiege, und ist dieser auf einem Trail, sind für das Agonist kein Problem. Die Grundposition auf dem Bike ist schon sehr kletterfreudig und ähnlich der Cross-Country-Waffe «Fourstroke». Ein cooles Rad also für alle, die gerne berghoch fahren. Wer genügend Power hat, kann mit diesem Marathonbike auch bestens technisch anspruchsvollere Anstiege meistern. Es lässt sich sehr gut manövrieren und bietet Grip Grip am dem Hinterrad für solche Kletteraktionen.
 

Gut bergab, aber...

Die erste Zwischenabfahrt führt über einen abwechslungsreichen, natürlichen Trail, flowig mit einzelnen Wurzelpassagen und kurzen, technischen Gegenanstiegen. Das Rad macht Spass und fühlt sich sehr lebendig an, ohne ins Nervöse zu tendieren. Der APS-Hinterbau verrichtet zusammen mit dem Fox Float-DPS-Dämpfer eine gute Arbeit. Die ganz feinen Schläge vermag er nicht ganz so feinfühlig zu verarbeiten, hingegen hält er kaum Federweg zurück wenn es mal kracht. Gefühlt setzt die Progression im letzten Viertel des Federwegs ein, dann aber knackig.
 
Spürbar ist das besser auf der nächsten Abfahrt im Bikepark, wo sich Absätze, Wurzeln, Anliegerkurven und kleine Sprünge abwechseln. Hier fühlt sich das Fahrwerk erstaunlich komfortabel an, schleppt wegen der späten Endprogression aber etwas aus den Steilkurven – es ist aber auch kein Bikepark-Rad und dafür schlägt es sich hier sehr gut. Das Agonist punktet mit Schluckfreudigkeit und Handling. Erstaunlich auch die Reifen, denn mit den Vittoria Barzo hat BMC äusserst griffige, trotzdem gut rollende und robuste Gummis gefunden.
 
Was aber wirklich fehlt, und das sage ich als alter Cross-Country-Rennfahrer, ist die Variosattelstütze! Gerade wo immer mehr Profis das Zusatzgewicht in Kauf nehmen, um besser und entspannter bergab zu fahren, hätte BMC für die breite Masse an potentiellen Käufern problemlos eine variable Sattelstütze in die Grundausstattung aufnehmen dürfen. Fairerweise muss aber auch gesagt sein, das Agonist ist offiziell mit einer Internal Dropperpost nachrüstbar – allerdings nur für Fahrer denen ein Kettenblatt genug ist.
 

Fazit

Das Agonist 01 One überzeugt als erweitertes Marathonbike durchaus. Gewicht, Rahmensteifigkeit, Fahrwerk und Handling entsprechen mehr als nur ihrem Einsatzbereich. Der Kritikpunkt, dass keine Variosattelstütze zur Grundausstattung zählt, stuft das Agonist näher zum Fourstroke, statt genau in die Mitte zum potenteren Speedfox. Denn mit einer Variosattelstütze, auch wenn eine solche nachrüstbar ist, würde dieses Bike zum ultrasportlichen Alpentourer mutieren, das auch technischere Abfahrten problemlos wegsteckt. Ob es das Agonist als zusätzliches Modell wirklich braucht, darüber lässt sich streiten. Sicher ist aber, dass es seine Zielgruppe finden wird. Wohl auch jene, denen das Fourstroke eine Spur zu sportlich ist.

www.bmc-switzerland.com