Blog: Ich werde die Kettensägen am Streckenrand nicht vermissen
Das Kettensägen-Verbot in Lenzerheide werden einige als herben Stimmungsdämpfer betrauern. Noch ein Verbot! Noch ein Eingriff in die Freiheit! Man darf ja bald nichts mehr.
Einerseits geht es am Streckenrand darum, maximalen Lärm zu erzeugen, wenn einer der Downhill-Piloten vorbei schiesst. Das geht nicht nur mit Motorsägen. Beliebt sind auch Felgen und Lenker, die darin hin- und her geprügelt werden.
Der König der Crowd ist aber ohne Zweifel derjenige, der sein Prachtstück von Stihl, Husqvarna und Konsorten bei jeder Passage eines Fahrers aufheulen lässt. Das Geräusch soll wohl auch an Motocross-Maschinen erinnern und dem Fahrer versichern, er sei so schnell, als hätte er einen Verbrenner zwischen den Beinen.
Die umsichtigen Motorsägen-Fans entfernen die Kette oder bringen nur den Motorblock mit. Hauptsache es braaapt.
Es geht nicht um den Rauch der Jubel-Säge
Klar, die Kettensägen, die jahraus-, jahrein in Schweizer Wäldern im Einsatz sind, heulen wohl um einen sechsstelligen Faktor länger, als jene in Lenzerheide oder anderen Downhill- und Enduro-Rennen in der Schweiz. Der ökologische Impact der Anfeuerungs-Zweitakter ist nicht gross.
Aber er ist bezeichnend. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mensch, der sich selber ernsthaft ein ökologisches Gewissen attestiert, einmal im Jahr mitten im Wald aus Stimmungsgründen die Kettensäge rauchen lässt. Es geht ja gerade darum, den Bedenkenträgern ein dröhnendes «Fuck you!» mitzugeben.
Wer das geil findet, hat wohl auch weniger Berührungsängste mit energieaufwändigen und Co2-trächtigen Transportmethoden und anderen Aktivitäten, die die Gletscher und die Arktis schmelzen lassen. Die Natur ist dazu da, um Spass zu haben – maximalen Spass und da gehören alle Schleusen geöffnet. So schlimm kann das ja nicht sein!
In der Summe ist es das aber halt doch. Um die Klimakurve noch zu kriegen, bräuchte es den Beitrag von jedem und jeder Einzelnen. Es bräuchte die Bereitschaft, das eigene Vergnügen ein klein wenig einzuschränken, um unser Co2-Geballer zu bremsen. Nicht nur beim Spass am Wochenende, sondern jeden Tag. Die Kettensäge ist das überdeutliche Statement dafür, dass man sich da nicht in der Verantwortung fühlt.
Ich bekenne mich somit offiziell als Spassbremse. Mir werden die Sägen nicht fehlen. Es ist auch ohne laut genug. Und von mir aus könnt Ihr eure Stihl auch aus der Boombox mähen lassen. Ich vermute aber, dass das zu wenig braaap ist.