Baut Bold das beste Enduro aller Zeiten? | Ride MTB

Baut Bold das beste Enduro aller Zeiten?

Mit dem Unplugged-Enduro hat Bold einen gewaltigen Wurf hingelegt: Intelligente Systemintegration bei Dämpfer und Dropper Post, Geometrieverstellung an Hinterbau und Gabel und schöne Details, um die Kette im Zaum zu halten sind nur ein paar Stichworte. Auch beim First Ride hat der Bieler Bolide überzeugt.

Das Bold Unplugged strotzt vor Innovation, die Bieler Bike-Schmiede um den Spiritus Rector Vincenz Droux hat nach dem Prolog mit dem Allmountain-Bike Linkin Trail ein Enduro konzipiert, das neue Massstäbe zu setzen vermag. Die ersten Eckdaten sind indes gar nicht so aufregend und lauten: 29er-Laufräder, vorne 170 und hinten 165 Millimeter Federweg. Richtig aufregend wird es bei der Optik: Das neue Bold brilliert mit einer noch nie dagewesenen Linienführung, das Bike macht einen homogenen und gleichzeitig modernen Eindruck. Die Dämpferintegration erfüllt hier nicht nur funktionelle Aspekte, sondern sorgt massgeblich dafür, dass das Bike ultra-aufgeräumt und eigenständig daherkommt.

Perfektionismus vielerorts

Beim ersten grossen Wurf von Bold, dem Linkin Trail, gab es kritische Stimmen bezüglich der eingeschränkten Dämpferauswahl. Hier hat der helvetische Hersteller perfektionistisch nachgebessert. Bei der «Internal Suspension Technology» am Unplugged finden nun metrische Luftdämpfer verschiedenster Marken und mit Ausgleichsbehälter Platz. Eine clevere Innovation findet sich auch bei der Abdeckung der Dämpfers. Dieser ist über das Unterrohr einfach zugänglich, die Abdeckung ist nicht mehr mit mehreren Schrauben befestigt, sondern lässt sich dank kräftiger Magnete einfach ansetzen und abnehmen.

Bei der Geometrie lässt das Unplugged viel Raum für persönliche Vorlieben: Die Tretlagerhöhe ist in vier Stufen um 20 Millimeter verstellbar, abhängig von der Kettenstrebenlänge. Diese lässt sich ebenfalls in vier Position, von 432 bis 443 Millimeter verstellen. Dadurch lässt sich der Rahmen an die gängigen Laufradgrössen von 27.5 Zoll bis 29-Plus, sprich 2.6 Zoll Breite anpassen. Durch diese Veränderungen ergibt sich auch ein Unterschied im Federweg, die einstellbare Federwegsspanne am Hinterbau beträgt 161 bis 165 Millimeter. Beim Gabelhub sind Federgabeln mit 160 bis 180 Millimeter möglich.

Auch der Lenkwinkel lässt sich unabhängig von Kettenstrebenlänge und Tretlagerhöhe verstellen. Einstellungen bei Letzteren haben aber trotzdem einen Einfluss auf den Lenkwinkel. Um das möglich zu machen, sind am Hinterbau Flip-Chips im Einsatz. Für die Veränderung des Lenkwinkels wird ein spezieller, azentrischer Steuersatz von Newmen verwendet, der nichts mit den bisherigen Angle-Sets gemeinsam hat.

Systemintegration mit Kind Shock

Ein weiteres Highlight am Unplugged ist die integrierte Variosattelstütze «Genesys» von Kind Shock. Sie verfeinert nicht nur die Optik des Bieler Boliden, sondern bringt mehr Steifigkeit ins Bike. Beim Gewicht soll die Genesys gegenüber herkömmlichen Systemen leicht im Vorteil liegen. Auf der Rohrinnenwand verfügt die Dropper Post über Einfräsungen – also Kerben – über jene die Stütze mithilfe eines Spannmechanismus in der Höhe verstellt werden kann. Dieser Mechanismus befindet sich stirnseitig im Rohr unterhalb des Sattels der auf einen kleinen Dom montiert ist. Ab einem gewissen Verstellbereich geht diese Anpassung jedoch auf Kosten des Hubes wobei in dem Falle die Stütze somit analog eines Gabelschaftes gekürzt wird. Ersatzrohre in Originallänge sind einfach zu montieren, sollte dazu später wieder Bedarf sein.

«Soll die Sattelhöhe viel und sehr einfach verstellt werden können, wie beispielsweise bei einer Testflotte, sind aber bisherige Systeme im Vorteil. Auch wer ein Maximum an Hub möchte, ist bei herkömmlichen Stützen womöglich besser aufgehoben. Der Verstellbereich der Genesys geht bis 150 Millimeter. Mit einer herkömmlichen KS Lev Integra sind zum Beispiel bis 175 Millimeter Hub möglich. Im Unplugged können je nach Präferenz beide Systeme eingesetzt werden», hat Balz Weber von Ride bereits zur Dropper Post am Unplugged berichtet.

Offline und online konfigurieren

Als sehr geschmackssicher zu bezeichnen sind die beiden verfügbaren Farbvarianten: Das Unplugged gibt es in den Farbkombos schwarz/weiss sowie rot/schwarz. Wer den Kauf eines Unplugged in Visier nimmt, kann dabei aus mehreren Varianten wählen. Das kann im soeben eröffneten Headquarter in Biel geschehen: Dort hat die Bold-Crew einen Konfigurator in die reale Welt übersetzt und zeigt mit zahlreichen Komponenten, wie das individuelle Traum-Bike zusammengebaut werden kann. Selbstverständlich steht auch ein Online-Konfigurator bereit, um die verschiedenen Ausrüstungen durchzuspielen. Preislich startet das Unplugged-Vergnügen bei CHF 5'436. Dann ist der Rahmen mit dem R 535 ODL-Dämpfer ausgerüstet, für zwölf Gänge sorgt die Sram GX Eagle-Gruppe, die Verzögerung besorgen Srams Guide RS-Stopper und für den Hub vorne ist Rock Shox's Yari im Amt. Bei dieser Basisversion muss man noch auf die integrierte Dropper Post verzichten, im Sattelrohr ist dann eine konventionelle LEV Integra verbaut. Bei den Laufräder sind DT Swiss Spline M1900 und am Cockpit edle Teile von Race Face verbaut.

Test des Unplugged, von Sacha Steiner

«Am Bike Festival in Riva holte ich mir den ersten Eindruck über die neue Rahmenplattform des Unplugged. Den Anstieg erledige ich hauptsächlich auf einer Forststrasse – und der gute Vortrieb des Bikes ist sofort spürbar. Trotz der soften Abstimmung des Fahrwerks mit viel Sag geht das Bike bergauf kaum in eine Wippbewegung. Der Hinterbau zeigt sich derart kletterfreundlich und effizient, dass ich den Lockout nur kurz eingesetzt habe. Dieser ist höchstens im Wiegetritt nötig. Der Hinterbau leistet eine beeindruckende Performance.

Das Bike klettert flink über steile und ruppige Passagen und gewährt viel Traktion. Bei der anschliessenden Abfahrt über einen Gardasee-typischen, verblockten Trail zündet das Unplugged dann so richtig. Es liegt satt am Trail und glänzt durch ein ungeahntes Federungspotential. Die 164 Millimeter Hub am Heck fühlen sich nach wesentlich mehr an. Dazu kommt der flache Lenkwinkel, dieser erzeugt nicht nur Laufruhe, sondern das Gefühl, auf einem Mini-Downhiller zu fahren.

Zum Glück sind potente Bremsen verbaut, denn mit diesem Bike bin ich stets einen Zacken schneller unterwegs als gewohnt. Die lange Geometrie verhilft zu viel Laufruhe, erfordert dafür etwas mehr Körpereinsatz, um das Bike in engen Kurven zu bewegen. Für einen umfassenderen Fahrbericht war die Festival-Abfahrt zu kurz, aber die Neugierde auf das Bike ist geweckt. Wir freuen uns auf das Testbike, das hoffentlich im Verlauf des Sommers in der Redaktion eintrifft.»

boldcycles.com


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