Ist das GPS-Gerät der moderne Sklaventreiber? | Ride MTB

Ist das GPS-Gerät der moderne Sklaventreiber?

GPS-Geräte sind Fluch und Segen zugleich. Auf Mountainbike-Touren mag man die kleinen Navigationshelfer und Datenerfasser nicht mehr missen, manchen Trail hätte man ohne sie gar nicht erst gefunden. Doch auf dem Lenker montiert können sie auch zum kleinen Sklaventreiber werden – und wehe denn, der Akku ist leer. Für viele hat eine Tour ohne vollständige GPS-Aufzeichnung viel von ihrem Reiz verloren.

Die Bike-Tour wäre eigentlich erstklassig gewesen. Phantastisches Wetter, wunderbare Singletrails und viel Spass mit Freunden. Hätte sich bloss nicht gegen Mittag das GPS-Gerät mit leerer Batterie verabschiedet. Konsterniert starre ich bei der Rückkehr auf das leblose Display und ärgere mich, dass die Route nicht vollständig aufgezeichnet ist – vom heutigen Tag gibt es keinen Track, keine Distanzangabe, keine kumulierten Höhenmeter. Die eigentlich fantastische Tour kriegt einen fahlen Nachgeschmack. Ich ärgere anfänglich über das Gerät, dann aber über mich. Ich lasse mir doch tatsächlich wegen fehlender Aufzeichnungen den Spass an der heutigen Tour trüben. Ist mir unterdessen die Statistik wichtiger als das Erlebnis? Ich bin ein Sklave meines GPS-Geräts geworden.

Dabei habe ich mich stets gegen den Hightech-Firlefanz zur Wehr gesetzt. Deshalb zeichnet mein GPS-Gerät die Strecke stets ungesehen im Rucksack auf. Meine Freunde sind da anders. Für jede noch so kurze Tour klicken sie ihr Navigationsinstrument auf dem Lenker ein, als seien die Singletrails auf der Feierabendrunde ohne nicht zu finden. Mit Verwunderung nehme ich zur Kenntnis, dass ihr Blick jeweils wie magisch angezogen konstant auf den kleinen Bildschirm mit der detailgenauen Kartendarstellung wandert. Weit und breit ist keine Abzweigung auszumachen, die Route nicht selten schon unzählige Male abgefahren – der regelmässige Kontrollblick muss dennoch sein. Mir scheint, dass einzelne meiner Freunde auf Bike-Touren bereits mehr auf das kleine Display starren denn in die weite Natur blicken. Auch sie sind Sklaven ihrer GPS-Geräte – auf fortgeschrittener Stufe.

Es gibt Mountainbiker, die ihren Lenker zu einem veritablen Kontrollzentrum aufgerüstet haben. Mit den modernen GPS-Alleskönnern wird alles registriert, gemessen und verglichen. Distanz, Geschwindigkeit, Höhe, Temperatur, Puls oder Trittfrequenz sind angezeigt, einzelne übermitteln die Daten unterdessen direkt ins Internet. Und neuerdings hält mit den Helmkameras ein neues Spielzeug Einzug. Passend zu den registrierten Daten gibts jetzt auch Filmaufnahmen. So steuert manch ein Biker heute nicht mehr aus purem Vergnügen in die Abfahrt sondern mit der Absicht, möglichst gute Videoaufnahmen einzufangen. Und wehe denn, das Gerät meldet während der Fahrt leere Batterien. Dann ärgert sich der Technikverliebte masslos – und merkt nicht, dass er die Tour nun endlich geniessen könnte. Den Spass am Trail und die Freude an der Natur wären wieder da. Ganz ohne die kleinen Sklaventreiber. Leere Batterien sind so etwas wie der Weg zurück in die Freiheit.