Blog: Wie ich doch zum Kindervelo-Tuner wurde | Ride MTB

Blog: Wie ich doch zum Kindervelo-Tuner wurde

Welcher Radstand passt, wie lang sind die Kettenstreben, wie schauts mit dem Reach aus? Es klingt nach Fragen wie beim Kauf eines modernen Mountainbikes, doch es geht um ein Kindervelo. Auch wenn die Passagiere diametral unterschiedliche Dimensionen aufweisen, es gleichen sich die Fragen. Eine Frage stellte sich auch: Ist Kindervelo-Tuning nötig?

Ja, das Velo für den Nachwuchs soll wie beim eigenen Boliden natürlich leicht sein, langlebig und leichtgängig sein, einen breiten Einsatzbereich aufweisen. Und gut ausschauen kann keineswegs schaden. Und die Fragen gehen weiter: Soll ich's im Fachhandel kaufen – oder im Internet?

Beim Nachforschen im Netz stösst man nicht nur auf zahlreiche Kindervelo-Anbieter, sondern recht rasch auf Tuning-Berichte: Kindervelos, die Väter bis ins letzte Detail individuell aufbauen und zu echten Unikaten und nicht zuletzt Leichtgewichten aufgewertet haben. Mit bis zu 60 Stunden Arbeitsaufwand.

60 Stunden Tuning?

Ich habe mir für das erste Velo des Erstgeborenen einen anderen Aufwand vorgestellt: Sechs Stunden Nachforschen inklusive Bestellvorgang für das passende Bike. Und dann die restlichen 54 Stunden beim gemeinsamen Biken verbringen. (Wobei man jetzt erfahrungsgemäss und ehrlicherweise sagen muss: Die ersten gefühlten 54 Stunden bestanden nicht aus gemeinsamen Biken. Sondern aus Ausfahrten des Sohnemanns auf dem Laufrad und parallelem Nebenher-Joggen von mir).

Doch zurück zur Suche: Einmal mehr glich die Auswahl des Kindervelos der Suche nach dem passenden eigenen Bike. Wie schwer ist das Kinderfahrrad – stimmen diese Angaben, ist das inklusive Pedalen gewogen? Es ist einmal mehr wie bei den Rädern für Erwachsene. Mit den Gewichten ist selbst nachgewogen wohl die einzig 100% zuverlässige Massnahme.

Die Vertrauensfrage

Wie bei jedem Kauf – und vorgängigem Kaufentscheid – hat dann die Vertrauensfrage zugeschlagen. Ich entschied mich für einen Hersteller, der ausschliesslich Kinderräder anbietet. Das erschien mir besonders vertrauenswürdig. Denn bei bekannten, grossen Herstellern bekam ich den Eindruck nicht los, dass die Kindervelos einfach als beliebige Massenware mitliefen. Nach dem Motto «Das haben wir ja auch noch», das war dann doch zu dürftig.

Der Internetkauf stinkt - bestialisch

Mein Kauf im Internet lief reibungslos, hatte jedoch einen entscheidenden Nachteil. Man kann beim Online-Kauf das Objekt der Begierde nicht anfassen – und auch nicht riechen. Das rasch gelieferte Laufrad schaute gut aus, liess sich schnell montieren. Doch die Reifen (und die Schläuche) stinkten bestialisch nach Gummi. So wie es im Baumarkt in der Fahrradabteilung stinkt – nur noch deutlich mehr. Die kurze Web-Recherche ergab etwas von Nitrosaminen, Weichmachern und geräuchertem Gummi, um diesen haltbarer zu machen. Das schöne Kinderrad stieg so in die Nase, dass nicht nur mir, sondern sämtlichen Bestaunern recht schnell übel davon wurde.

Doch noch Tunen

Gestank hin oder her, beim Fahren war alles paletti. Der Sohnemann erlernte das Laufradeln hemmungslos und schnell. Das neue Laufrad musste sein Stinker-Dasein jedoch bei Nichtgebrauch auf dem Balkon fristen. Trotz massig Frischluft blieb der beissende Geruch.

Die übel riechende Bereifung musste runter und neue – nasenmässig neutral anmutende Pneus ran ans Junior-Bike. Auf Umwegen und eigentlich wider Willen wurde ich also doch noch zum Kindervelo-Tuner. Und jetzt bin auf der Suche nach Bio-Kork-Griffen in Kinderhand-Dimensionen. Das Tuning und Modding schleicht sich durch die Hintertüre rein...