Blog: Wie dick ist noch sexy - oder weshalb Fatbikes Eintagesfliegen sind | Ride MTB

Blog: Wie dick ist noch sexy - oder weshalb Fatbikes Eintagesfliegen sind

Es war einmal ein Winter: Da produzierte die Bike-Industrie einen riesen Hype – um das Fatbike. Ein absolutes Spezialistenvehikel sollte plötzlich Everybody's Darling sein. Doch die Fatbikes sind dort hin gefahren, wo sie her gekommen sind: In die Nische, in die Versenkung. Und das ist gut so.

Was für eine Brimborium die Bike-Branche da abgezogen hat. Mit einem riesen Marketing-Effort haben die Verkaufsverantwortlichen die Fatbikes als heissestes Ding seit der Erfindung des Mountainbikes angepriesen. Ich wusste ja, dass es diese dicken Dinger gibt, das Iditabike-Race in Alaska war stets ein Begriff – und aufgrund der rabiaten Strecken auch klar, dass dabei ein Race-Hardtail nichts verloren hat.

Traumatische Erstbegegnung

Meine erste richtige Begegnung mit einem Fatbike war nahezu traumatisch. In der Basler Innnerstadt. An der Tramhaltstelle des Barfüsser Platzes rollt ein Herr damit daher. Sein Bike so schwülstig, überdimensional und schlicht einfach fett (fett im pummeligen Sinn, nicht ein «fett!» à la lässig). Das Rad wirkte unbegreiflich deplaziert in diesem Setting. Der Fatbike-Fahrer rollte genüssig vor das Publikum, die auf das Tram Wartenden mutierten zur unfreiwilligen Zielgruppe: Der nicht mehr ganz so jugendliche Pummelvelo-Pilot kuckte in die Menge. Stieg ab, stellt sich neben das Rad. Und wartete, bis ihn der erste Passant auf das Riesenrad ansprach.

Sendungsbewusstsein vorausgesetzt

Das also der/mein Einstieg: Ein Fatbike-Fahrer muss über ein ordentliches Sendungsbewusstsein verfügen. Denn diese Räder sind keineswegs dezent, die brüllen selbst Unbeteiligte und Unwissende an. Es ist quasi wie mit einem Baby: Alle kucken, alle wollen es anfassen, alle haben eine Meinung dazu. Das ist nicht so mein Ding - also Babies schon, Fatbikes so gar nicht. Aber es ist auch etwas weit hergeholt, Fatbikes mit Babies zu vergleichen.

Die Kleinen leiden

Nun, der Hype-Winter 2013/2014 ist rum. Der Effekt der ganzen Blase.: Die kultigen, kleinen Hersteller, die das Fatbike schon lange im Portfolio hatten und auch kein grosses Aufheben darum machten, mussten empfindliche Umsatzeinbussen hinnehmen in diesem Segment. Und all die grossen Hersteller, die kurzentschlossen auch noch Fatbikes ins Portfolio hievten, haben jetzt übervolle Lager. Damit wird die Tendenz noch etwas anhalten, Fatbikes als das ganz heisse Ding anzupreisen. Auch wenn die Dinger für Fahrer, die weder Schnee noch Sand in Reichweite haben, einfach kaum die richtige Wahl darstellen.

Und was ist das Gute der Geschichte?

Die Fatbikes haben auch was Gutes: Sie haben den Plus-Reifen die Türe geöffnet. Und die öffnen wiederum einer neuen Zielgruppe die Türe zum Mountainbiken. Und das ist gut so. Auch wird es erholsam für alle Beteiligten, wenn die vollen Fatbike-Vorräte etwas abnehmen. Und so die Marketing-Abteilungen das Vehikel wieder als das vermarkten, was es tatsächlich ist: Ein hochspezialisiertes Zweirad, kein Sportgerät für Jedermann.


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