Illegal ist gut! Warum der wilde Trail-Bau eine Chance ist | Ride MTB

Illegal ist gut! Warum der wilde Trail-Bau eine Chance ist

Die Empörung ist jeweils gross, wenn Mountainbiker ungefragt, sprich illegal, neue Routen in den Wald schaufeln. Skandal, tönt es dann von hüben und drüben. Aber eigentlich ist alles ganz anders, erläutert Thomas Giger in seinem Blog-Beitrag. Denn Naturschützer, Förster, Jäger und Jugendämter müssten froh sein um jeden, der zur Schaufel greift.

Wenn Mountainbiker aus Eigeninitiative neue Trails in den Wald schaufeln, ist der Konflikt stets programmiert. Grundeigentum, Naturschutz oder Sicherheitsnormen kümmern sie nicht. Weil sie Spass haben wollen, greifen sie zu Pickel und Schaufel. Das ist für viele skandalös. Wenn das jeder tun würde!

Es gibt viele berechtigte Gründe, den unkontrollierten und illegalen Trail-Bau zu kritisieren. In der allgemeinen Empörung geht indes vergessen, dass der tatsächlich angerichtete Schaden in der Regel minim ist. Die Kritiker stören sich denn primär auch nicht am neuen Trail an sich, sondern daran, dass hier jemand ohne Bewilligung und ohne Rücksprache zur Schaufel gegriffen hat. Unsere regulierte Gesellschaft sieht das nicht vor. Dabei wissen alle: Wer für einen neuen Trail den offiziellen Bewilligungsprozess einschlägt, der blitzt auf den Ämtern sofort ab oder verstrickt sich in endlosen Bewilligungsprozessen. Die Euphorie für bessere Bike-Strecken verpufft dann an Schreibtischen und in Sitzungsräumen.

Unkontrollierten Wegbau verhindert man mit guter Infrastruktur

Im Skandalgeheul gegen den illegalen Trail-Bau wird ein weiterer Aspekt ausgeblendet: Der Aktivismus der Trail-Bauer basiert auf mangelnder Infrastruktur. Offensichtlich wollen diese Aktivisten bessere, andere oder zahlreichere Mountainbike-Routen als die Vorhandenen. Niemand greift zur Schaufel bloss der Schaufel wegen. Unkontrollierten Wegbau verhindert man deshalb nicht mit Skandalisierung, sondern mit einer bedürfnisgerechten Infrastruktur. Nur bessere Bike-Trails verhindern den Wildwuchs.

Nicht selten stehen hinter den illegalen Trailbau-Aktionen junge Mountainbiker, die auf diese Weise die jugendliche Rebellenphase ausleben. Diese Zeit hatten wir alle mal, wo liegt das Problem? Andere Kids ballern sich in der Freizeit beim Gamen die Finger wund, lungern ganze Nachmittage in Shoppingcenter rum oder probieren alle erdenklichen Rauschmittel. Und wir ärgern uns über Jugendliche, die im Wald mit Pickel und Schaufel mit Muskelkraft und bei Wind und Wetter für ihre Leidenschaft eigene Infrastruktur erstellen? Solche Jugendliche zerstören nicht die Natur, sondern erlernen auf diese Weise den Umgang mit ihr. Eigentlich sollten wir sie darin unterstützen, statt sie zu verteufeln.

Verteufelung führt zu verpufftem Potenzial

Heute wird viel Energie investiert, um dem illegalen Trailbau einen Riegel zu schieben. Förster zerstören den einen Pfad, während ganz in der Nähe bereits wieder ein neuer entsteht. Das ist ein Kampf gegen Windmühlen. Deshalb ist es in dieser Frage höchste Zeit für eine pragmatische Kehrtwende. Statt die Schaufler zu verteufeln, sollte man Konzepte aushecken, wie man diese fast grenzenlose Motivation, diesen selbstlosen Aktivismus und dieses Potenzial an Arbeitskraft nutzen könnte. Mit der Verteufelung wird gegen eine geballte Ladung Enthusiasmus gekämpft, mit welcher man eigentlich die Sportart insgesamt weiterbringen könnte. Illegaler Trailbau ist positiv, wenn man ihn zu nutzen weiss. Integration statt Konfrontation! Und aufregen müsste sich dann auch niemand mehr.

 

Weitere Blog-Beiträge von Thomas Giger

ride.ch/blog/giger

 


Weitere News zu diesem Artikel