Das Fatbike – gekommen, um zu bleiben? | Ride MTB

Das Fatbike – gekommen, um zu bleiben?

Das Fatbike ist mit Sicherheits eins – ein waschechter Medienhype. Wieviel am Trend zum Riesenpneu-Bike dran ist und wie die Zielgruppe für dieses Gefährt ausschaut: Über diese Fragen und noch mehr hat sich Ride mit Industrievertretern unterhalten.

An den Anblick der umfangreichen Laufräder der 29er-Bikes hat sich der Mountainbiker mittlerweile gewöhnt. Beim 650b-Trend herrscht beim Fachhändler wie beim Kunden stets noch Erstaunen, wie schnell die Bike-Industrie den 26-Zöller aus dem Angebot gefegt hat.

Getrieben von Innovationswillen und dem Wunsch nach einem neuen Fahrgefühl drückt die Bike-Industrie nun frivol den nächsten Biketrend voran: das Fatbike mit seinen bis zu fast 5 Zoll breiten Reifen. Bisher gibt es vornehmlich darüber in der Bike-Presse zu lesen, in der freien Wildbahn sind in der Schweiz sehr wenige Exemplare unterwegs. Oder besitzen Sie ein Fatbike?

Natürliches Revier nur teilweise vorhanden
Dass in den USA diese Art Mountainbike bisher mehr Anklang findet, mag mehrere Gründe haben. Der US-Markt zeigt sich dynamischer und trend-affiner als hierzulande. In den USA finden sich auch deutlich mehr Sandstrände als in der Schweiz. An schneereichen Gegenden mangelt es in Amerika wie in der Schweiz hingegegen nicht. Und diese Strände und verschneiten Landschaften sind die bevorzugten Habitate des Mountainbikes mit Monsterpneu.

Wie schaut es bei der Industrie aus?
Bei Trek ist mit dem Farley ein Fatbike im Programm. Davon haben für die laufende Saison nur rund 100 Exemplare den europäischen Markt erreicht und das Modell war auch im Nu ausverkauft.«So ist es schwer zu beurteilen, was wir wirklich hätten verkaufen können», sagt Anatol Sostmann von Trek Bikes.

Schweizer Fatbike
Ganz frisch setzt auch die Schweizer Bike-Manufaktur Transalpes mit dem Modell «Fat 5» auf ein hauseigenes Fatbike. Transalpes-Dirigent Stefan Gruber wird das neue Rad erstmals vom 8. bis 11. Mai an den Bikedays zeigen. Für Gruber ist diese Fahrzeuggattung selbstverständlich für den winterlichen Einsatz perfekt geeignet, er spürt aber auch erste Tendenzen, dass die Fatbikes nicht nur als reine «Schneebikes» angesehen werden. Hersteller, die mit Carbonrahmen aufwarten, der Einsatz von kürzeren Kettenstreben für wendigeres Fahrverhalten oder das gestiegene Zubehörangebot sind für Gruber eindeutige Zeichen, dass das Fatbike langfristig im Aufwind ist.

Bei Rocky Mountain rollt mit dem Blizzard ein Fatbike frisch ins Programm. Christoph Noser vom Schweizer Rocky Mountain-Importeur Chris Sports sagt dazu: «»Wir sind überzeugt, dass der Trend von Kanada und den USA auch in die Schweiz überschwappen wird. Vor allem bei langjährigen fortgeschrittenen Fahrern, die sich zum Rennvelo, Mountainbike oder Trailbike noch ein drittes Bike anschaffen wollen.»

Das Fatbike als Drittbike
Wie Noser bestätigt auch Sostmann: «Das Fatbike ist natürlich ein Zweit- oder gar Drittbike, doch wird jeder, der mal ein Fatbike gefahren ist, wissen welcher Unterschied beim Fahren besteht. Fatbike fahren ist anders, als das normale Mountainbiken und es macht einfach Spaß das andere Fahrgefühl zu entdecken.»

Aber aus Skepsis
Beim Distributor Indian Summer, mit Norco im Portfolio ein potentieller Anbieter von Fatbikes, herrscht derzeit noch Skepsis was den neuen Trend anbelangt. Fritz Pfister von Indian Summer sagt dazu: «An der diesjährigen Taipei Cycle Show war ein Bike an praktisch allen Ständen zu finden: ein Fatbike. Jeder Hersteller will von diesem neuen Trend profitieren und bringt mindestens ein Modell auf den Markt - analog zum Singlespeed/Fixie-Hype vor einigen Jahren.»

Pfister räumt der neuen Fahrzeuggattung denn auch aus eigener Erfahrung ein, dass diese auf Schnee durchaus Vorteile und Spass bietet. Da in der Schweiz kein oder nur ein paar Meter Strand vorhanden sind, sieht Pfister den idealen Einsatzbereich diese Bikes hierzulande auch halbiert.

«Auf normalen Trails ist jedes Mountainbike einem Fatbike weit überlegen, der Einsatzbereich ist also doch relativ eingeschränkt. Wie wir wissen, spielt das bei Trends aber eine nur untergeordnete Rolle. Und somit werden wohl noch viele Fatbikes ihren Weg über den Ladentisch finden», sagt Pfister weiter.

Alter Hase
Jann Alder, mit seiner Firma Frame of Mind als CH-Importeur unter anderem für die Marken Surly und Salsa in der Schweiz aktiv, kann als «alter Hase» bezeichnet werden, was Fatbikes anbetrifft. Seit über 5 Jahren gibt es bei Frame of Mind Fatbikes im Angebot.

«Ja, dieses Jahr geht es ab», sagt Alder zur aktuellen Nachfragesituation. Der typische Fatbike-Fahrer besitze meist schon ein bis zwei Mountainbikes, fahre gerne auch auf Schnee und erfreue sich allgemein am speziellen Fahrgefühl, dass die Räder mit übergrosser Bereifung liefern.

Neben den Fatbikern, die das Gefährt im Gelände bewegen, gebe es sicherlich auch die Lifestyle-Fraktion, die das Fatbike nutzen, um «Gipfeli» zu holen. Zürich sei derzeit eine Hochburg, um dieses trendige Lebensgefühl auszuleben. Das Fatbike ist gemäss Alder heute ein bombensicherer Garant, um aufzufallen und anders zu sein.

Aufgrund der angestiegenen Nachfrage spürt Alder aber keine Euphorie: «Für die Saison 2015 werde ich den Vororder nicht stark vergrössern». Alder schätz den Fatbike-Trend aber als langfristige Bewegung ein. «Bei den grossen Hersteller hielten sich beim Fixie-Boom die Eingang-Velos circa zwei Jahre im Angebot. Bei den Fatbikes glaube ich, dass sich diese Gattung länger in den Portfolios hält.»